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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Die Seele leidet - Weihnachtszeit ohne Kulturveranstaltungen

by Maria Ossowski (26 Nov 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Die Verlängerung des Lockdown light in den Dezember bedeutet für viele Menschen Verzicht. Damit meint die Journalistin Maria Ossowski nicht in erster Linie die Kulturschaffenden und Gastronomen, die auch im letzten Monat des Jahres ihre Dienste nicht anbieten dürfen. Sie bezieht sich auf rund neun Millionen Museumsbesucher bzw. anderthalb Millionen Menschen, die pro Monat in Deutschland eine Oper, Theater, Konzert oder eine Lesung besuchen – das dürfen sie aktuell trotz hervorragend ausgearbeiteter Hygienekonzerte nicht. Den Kulturschaffenden se lbst – so der Subtext der Mahnung der nordrhein-westfälischen Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen, nicht schon wieder eine Extrawurst zu verlangen – steht es nicht zu, sich gegen das neuerliche Berufsverbot zur Wehr zu setzen. Schließlich werden ja irgendwann die Novemberhilfen ausgezahlt werden.

Diese Argumentation, so weist Ossowski nach, ist falsch. Es geht nicht um Berufsverbote, es geht auch nicht um die Frage, wie Weihnachten im Kreis der Familie gefeiert werden kann. Denn diese Argumentation übersieht, dass Weihnachten nicht für alle pures Glück bedeutet. Menschen, die familiäre Verluste oder Trennungen verkraften müssen, die alleine leben oder krank sind, empfinden die Weihnachtszeit oftmals als große emotionale Belastung. Diesen Menschen spendet Kultur in der Vorweihnachtszeit Trost. Viele hätten daher alles dafür getan, wenn sie mit kulturellen Veranstaltungen der Vorweihnachtszeit eine innere Bedeutung geben könnte. Die seelischen Bedürfnisse dieser Menschen werden zugunsten von Geschenken und Weihnachtsgans im Familienkreis, hinten angestellt, dabei sollten wir gerade im Advent um ihr Wohl besonders besorgt sein.

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tag Dezember-Lockdown Kulturveranstaltungen Advent Einsamkeit Trost Isabel Pfeiffer-Poensgen
Alle Sparten Kommentar

Mein Europa: Ohne Kunst und Kultur wird's still

by Carmen-Francesca Banciu (20 Nov 2020)
Original source: Deutsche Welle

Mit dem Hinweis »Ohne Kunst und Kultur wird's still« machen Kulturschaffende derzeit auf die existentielle Bedrohung der (bereits vor der Krise prekären) Kulturbranche durch den Corona-Lockdown aufmerksam. Doch was bedeutet das konkret?
Die Schriftstellerin Carmen-Francesca Banciu verdeutlicht es in ihrer Kolumne in der Deutschen Welle mit einem Aufruf von Nancy Bass Wyden, der Besitzerin des New Yorker Strand Book Shop an der Ecke 12th Street und Broadway: »Wir brauchen Hilfe.« Institutionen wie das weltberühmte Antiquariat s tehen in Angesicht der Folgen von Corona vor dem Aus, wenn sie keine Unterstützung bekommen. Das trifft nicht nur den Strand Book Shop, sondern auch »Dussmann in Berlin, Dom Knigi in Sankt Petersburg, Dominicanen in Maastricht, Libreria Aqua Alta in Venedig, Atlantic Books auf Santorini, Livraria Lello & Irmao in Porto, Desperate Literatur in Madrid, Carturesti in Bukarest« - die Liste könnte noch um viele, viele Buchhandlungen, Kulturkaufhäuser oder Plattenläden weitergeführt werden. Bei den genannten handelt es sich allesamt um Orte, an denen nicht nur Bücher verkauft wurden, sondern die auch Treffpunkte für Autor*innen, Musiker*innen, Künstler*innen, Leser*innen, Kritiker*innen und alle anderen Kulturbegeisterten waren. Orte, die aufgrund ihrer besonderen Atmosphäre zur Kulisse von Filmen wurden und deren Ausstrahlung nicht nur den europäischen Geist repräsentiert, sondern die für ihre Besucher*innen zu einer geistigen Heimat wurden. Diese kann nicht im Streaming von Musik- oder Theateraufführungen eingefangen werden. Deshalb ist der Hinweis »Ohne Kunst und Kultur wird's still« derzeit so wichtig: Wenn es still wird in der Welt, so Carmen-Francesca Banciu, wird es dunkel in uns. Das muss vermieden werden.

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tag Buchhandlungen Kulturkaufhäuser Streaming geistige Heimat Prekariat Strand Book Shop New York
Alle Sparten Gastkolumne

Wie gerecht ist der Orchesterbetrieb? . Die Corona-Krise macht ein Zwei-Klassen-System sichtbar

by Frederik Hanssen (16 Nov 2020)
Original source: Tagesspiegel

Welche Lobby hat die Musikszene? Diese Frage wurde in den letzten Wochen immer wieder diskutiert. Die fest angestellten Musiker*innen werden von der Deutschen Orchestervereinigung vertreten. Diese hat in den letzten Jahren gute Tarifverträge für Orchestermitglieder ausgehandelt. So sind diese – auch im Vergleich zu frei arbeitende Gesangssolisten gut aufgestellt und kommen sicher durch die Krise, zumal sie durch ihren Job an einer staatlich finanzierten Institution verhältnismäßig sichere Stellen haben.
Anders sieht es aktuell in de r freien Szene aus. Zwar hat sich vor zwei Jahren die Organisation ›Freo‹, die Vereinigung der Freien Ensembles und Orchester in Deutschland gegründet, doch war diese als Forum zum Verfahrungsaustausch gedacht. In der Krise macht sie nun die Lobbyarbeit für die freien Ensembles und Orchester. Das ist nicht einfach, wie Frederik Hanssen am Beispiel des Deutsche Kammerorchesters (DKO) aufzeigt. Das Orchester arbeitet mit einem festen Stamm von 20 freiberuflichen Musiker*innen, die für einzelne Projekte gebucht werden. Auftritte und Tourneen werden von drei Mitarbeiter*innen geplant und organisiert. Zwar hat das Orchester feste Stammkunden, die zum großen Teil im Frühjahr ihre Karten nicht zurückgegeben haben, und auch ihre Abonnements zum g4oßen Teil verlängert haben, da die Musiker*innen aber keine festen Verträge haben, profitiert das Orchester nicht von dem Sonderfonds der Kulturstaatsministerin für  Freie Orchester. Während andere Orchester und Ensembles aus diesem Fonds die Gehälter für die Musiker*innen bis zum Jahresende bezahlen können, stehen die frei arbeitenden Musiker*innen und mit ihnen ihre Orchester vor dem Aus. Daher fordert ›Freo‹ nun die Ungleichheit durch eine finanzielle Grundsicherung für die Mitarbeiter der Freien Orchester zu sichern. Dabei geht es nicht nur um das kurzfristige Überleben, sondern auch um die Frage, wie die staatliche Förderung in den kommenden Jahren gerecht verteilt werden kann, wenn die Einnahmen der Kommunen einbrechen und die Kulturetats gekürzt werden. Das Konzerthaus am Gendarmenmarkt geht mit einem Zeichen der Solidarität voran. Es stellt im kommenden Frühjahr an 12 Abenden seine Säle mietfrei freien Formationen zur Verfügung.  

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tag Orchester Orchestervereinigung Freie Orchester Lobby Krise nach der Krise Etatkürzungen
Musik Bericht

Herbert Grönemeyer will die Reichen schröpfen

by Rainer Hank (15 Nov 2020)
Original source: FAZ

Im Wirtschaftsteil der FAZ wird der Vorschlag von Herbert Grönemeyer die Millionäre in Deutschland um einen Solidaritätsbeitrag in der Corona-Krise kritisch unter die Lupe genommen. Bereits die Begründung überzeugt den Journalisten Rainer Hank nicht. Alleine aufgrund von Familienähnlichkeit einen Beitrag für die von der Krise Gebeutelten zu zahlen, ist kein schlüssiges Argument. Zudem müsse man bedenken, so wird der Musiker zitiert, dass 75 Prozent des Vorjahresumsatzes für den Monat November nicht ausreiche, um die Kunst schaffenden zu unterstützen. Lediglich eine dauerhafte monatliche Grundsicherung kann diese über die Krise bringen.
Darf ein Künstler, der aufgrund der Tantiemen für gestreamte Songs sicher zu den Corona-Profiteuren gehört, sich zum »Anwalt für die Entrechteten« aufschwingen? Zumal die Gewinne auch nach der Krise anhalten dürften. Leiden Künstler*innen in der Pandemie nicht vielmehr darunter, dass sie ihre Kunst nicht vor Publikum ausüben können? Sollte man daher nicht aufhören, Kunst und Künstler pauschal als Opfer der Pandemie zu stilisieren und die Reichen für diese zur Kasse zu bitten? Werden damit die Kulturschaffenden nicht zu einer »Zweck- und Beschäftigungsgesellschaft der Nation«, mithin zu einer Unterabteilung des öffentlichen Dienstes für die der Staat zu sorgen hat?
Betrachtet man die Entscheidungen der Politik der letzten Monate, so sind die Kulturschaffenden nicht nur durch Schadensersatzzahlungen durch die Corona-Hilfen abgesichert, sondern haben mit Monika Grütters auch eine Lobbyistin in der Regierung. Steuergelder für die Kultur sind dauerhaft gesichert. Und diese werden, so die Argumentation von Hank, zu über 50 Prozent von den Reichen getragen. Diese nun noch einmal zur Kasse zu bitten, verbietet sich daher.
Wenn die Kulturschaffenden immer mehr Staat für sich beanspruchen, dann betrachten sie diesen als »Künstlerversorgungskasse«. Das widerspricht der Idee der künstlerischen Avantgarde, die eine unternehmerische Existenz des Künstlers propagierte. Daher sollten Künstler*innen auf Anwälte wie Herbert Grönemeyer verzichten, die statt Kreativität, Einfallsreichtum und Neugier zu betonen, die Kreativwirtschaft zur »öffentlichen Bespaßungsindustrie« degradiert.
Auch wenn Hank durchaus zuzustimmen ist, wenn er betont, dass es auch in der Kulturbranche Gewinner der Pandemie gibt, so sollte doch bedacht werden, dass es Grönemeyer nicht um sich selbst geht, wenn er die Unterstützung der Reichen einfordert. Er spricht für die vielen Kulturdienstleister, z.B. Licht-, Ton- und Veranstaltungstechniker, Konzertveranstalter, Caterer,….., denen seit Monaten ihr Einkommen weggebrochen ist und deren Rücklagen nach 8 Monaten Pandemie aufgebraucht sind. Eine florierende Branche, die normalerweise keine Unterstützung des Staates benötigt, sondern durch das Berufsverbot ihrer Einkünfte beraubt wurde und nun Überbrückungshilfen benötigt.

 

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tag Novemberhilfe Millionäre Tantieme Corona-Gewinner Herbert Grönemeyer
Alle Sparten Kommentar

Lockdown mit Nebenwirkungen . Kultur auf Abtand

by Claudia Kuhland, Marion Ammicht (08 Nov 2020)
Original source: ttt - titel themen tempramente

Nach einer Woche Lockdown für die Kunst gibt das ARD-Kulturmagazin einen Überblick über die Reaktionen der Kulturschaffenden auf die Schließung der Häuser. Das Eingangszitat der Ministerin für Kultur und Wissenschaft in NRW, Isabel Pfeiffer-Poensgen, ist symptomatisch für den Umgang mit der Szene. Der Kultur wird vorgeworfen, gegen den gesellschaftlichen Konsens zu verstoßen, die Existenznöte vieler freischaffender Künstler*innen, aber auch der vielen von der Branche abängigen Betriebe und Solo-Selbst&aum l;ndigen werden kaum gehört. So verwundert es nicht, dass Theaterintendanten, Museumsdirektoren und Leiter von Konzerthäusern nun harsche Kritik an politischen Entscheidungen üben - zumal Gesprächsangebote von ihrer Seite nicht gehört werden. Dass gerade in »unserer angegriffenen Demokratie« die Stimme von Kunst und Kultur nicht überhört werden darf, mahnt beispielsweise Intendantin Karin Beier an und nennt damit vielleicht auch implizit einen Grund dafür, warum die Deutschen aktuell lieber zum Einkaufen geschickt werden als in Theater oder Museum.

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tag November-Lockdown #AlarmstufeRot #sangundklanglos Solidarität Isabel Pfeiffer-Poensgen
Alle Sparten Bericht

Stille mit Vorsatz . Verbale Aufrüstung schlägt nötige Differenzierung: zur Kritik der Kulturbranche am zweiten Shutdown

by Hartmut Welscher, Christian Koch (04 Nov 2020)
Original source: VAN Magazin für klassische Musik

Dass der November-Lockdown Kunst und Kultur besonders hart trifft, obwohl hervorragende Hygienekonzepte zum Schutz des Publikums ausgearbeitet wurden, spaltet die Kulturwelt. In offenen Briefen und Beiträgen in Zeitungen und sozialen Medien wurde der Unmut zum Ausdruck gebracht. Nur wenige ausgewogene Stimmen sind aktuell zu vernehmen. An dieser Situation sind Bundes- und Landesregierungen nicht unschuldig, haben sie es doch mit ihrer unzureichenden Begründung, welche Kultur- und Wirtschaftsbereiche geschlossen werden und welche weiterhin geöffnet haben d& uuml;rfen, für Unmut gesorgt. Wie bereits im März fühlen sich viele Kulturschaffenden von der Politik und der Zuordnung zu den nicht-systemrelevanten Berufen gekränkt und in ihrer Funktion für die Gesellschaft nicht wertgeschätzt. Viele schlossen sich nun dem Statement des Trompeters Tim Brönner an, der beklagte, dass die Kulturbranche keine Lobby habe, und versuchten sich Gehör zu verschaffen. Die verbale Aufrüstung verdeckt allerdings, dass Pandemie für die Künstler*innen eine zweifache Bedrohung darstellt: neben der materiellen Bedrohung finden sich viele zunehmend in einer Sinn- und Identitätskrise, wenn sie nicht mehr auftreten, nicht mehr mit Publikum interagieren dürfen. Und so verschaffen sich Künstler*innen aktuell lautstark Gehör, finden damit aber noch keine Orientierung. Dies betrifft nicht nur die Kultur, sondern auch die Politik, die aktuell eher ein Vorwärtsstolpern, denn ein gezieltes Lenken der Prozesse auszeichnet. Und so weckt es bei den Autoren Unbehagen, wenn Finanzminister Olaf Scholz immer neue Hilfsprogramme zugesteht. Die öffentlichen Mittel sind begrenzt, erste Kommunen legen schon den Rotstift an.
Für den Kulturbetrieb stellt sich nun die Frage, wo die Entwicklung hingeht. Ein Zurück zum Status quo wird es kaum geben – zumal dieser auch vor der Krise kein guter war. Viele Musiker*innen waren zu Beginn der Pandemie froh, dem »Hamsterrad des globalen Wettbewerb- und Konkurrenzdrucks entkommen« zu sein. Kann nicht die Quantität der Qualität ein Stück weit das Feld überlassen? Damit könnte der Kulturbetrieb zugleich seinen Beitrag zur Lösung der ökologischen Frage leisten.

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tag Klassik Musikbranche November-Lockdown Lagerbildung Lobby Sinnkrise Existenzkrise Quo vadis ars Stille Hamsterrad
Musik Bericht

Der Ton macht die Musik . Offener Brief der GMD- und Chefdirigent*innenkonferenz

by GMD- und Chefdirigent*innenkonferenz (02 Nov 2020)
Original source: concerti

Die Theater- und Konzerthäuser sind ihrer Verantwortung für das Publikum mit hervorragenden Hygienekonzepten gerecht geworden. Der Lohn ist nun aber keine Solidarität, sondern das erneute »Stummschalten« der Kultur, verordnet von einem Staat, der seiner Verantwortung für Schüler*innen nicht gerecht wird, die doch tagtäglich in überfüllten Bussen und Bahnen fahren und in schlecht gelüfteten Klassenzimmern unterrichtet werden.
Die Wut ist groß bei GMD und Chefdirigent*innenkonferenz, können doch die Unterstützungszusagen der letzten Monate angesichts des neuerlichen Lockdowns und der Degradierung zu einer Freizeiteinrichtung nur als Lippenbekenntnisse verstanden werden. Die Rücksichtslosigkeit weniger gegenüber den Institutionen, als vielmehr gegenüber den in und für diese arbeitenden Menschen, die ein stückweit ihrer Identität beraubt werden, schmerzt sehr und kann nicht mit Geld aufgewogen werden.
Und so fordern die Musiker*innen nun mit Nachdruck evidenzbasierte Entscheidungen für die Kulturbranche, eine Öffnung der Musikschulen im Oktober und die versprochenen Ausfallhonorare in Höhe von 75 Prozent der verhandelten Gage bzw. des Jahresdurchschnittslohns des Vorjahres. Das abschließende Angebot zum Dialog an  Bundeskanzlerin, die Ministerpräsident*innen und die Kulturstaatsministerin ist verbunden mit dem Hinweis auf eine angemessene, einem Partner würdige Ansprache: » Der Ton macht die Musik – davon verstehen wir etwas!«

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tag November-Lockdown Musikschulen Freizeiteinrichtungen Verantwortung Ausfallhonorare guter Ton
Musik Offener Brief

Diese Entscheidung trifft die Falschen . Shutdown für Kultureinrichtungen

by Maria Ossowski (29 Oct 2020)
Original source: rbb24

Nicht nur das Unverständnis, sondern vor allem die Wut ist groß bei allen Kulturschaffenden und Kulturbegeisterten in Deutschland. Einen Monat lang müssen alle Einrichtungen schließen und das obwohl sie sich mit ausgefeilten Hygienekonzepten zu den sichersten Orten der Pandemie entwickelt haben. Maria Ossowski – übrigens selbst Mitglied der Hochrisikogruppe – fühlt sich hier wohl und bringt in ihrem Kommentar das Unverständnis auf den Punkt: Weil die Regierungen das Infektionsgeschehen und vor allem die Partykultur ni cht in den Griff bekommen haben, muss nun die Kultur wieder dafür büßen. Viele kleinere Kulturinstitutionen bekommen damit den Todesstoß versetzt.
Warum es keine Ausnahme für die Kultur geben kann, leitet sie aus folgenden drei Punkten her: Erstens ist die Politik aktuell populistisch, getrieben und vertraut auf keinerlei Studien. Zweitens geht man davon aus, dass Künstler*innen sich nicht zur Wehr setzen, sondern aus Existenznot beim nächsten Supermarkt anheuern. Drittens werden viele Einzelhändler und Betriebe die Krise nicht überstehen, warum dann auf die Bruttowertschöpfung in der Kulturbranche Rücksicht neben?
Damit wird die Bedeutung der Kultur nicht nur für den einzelnen, sondern für unsere gesamte Gesellschaft mit den Füßen getreten.

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tag Existenzrelevanz Lebensrelevanz November-Lockdown Partykultur Hygienekonzepte Infektionsketten
Alle Sparten Kommentar

»Als ob Kultur nur Bespaßung wäre« . Louwrens Langevoort über Corona-Maßnahmen

by Louwrens Langevoort, Carsten Beyer (29 Oct 2020)
Original source: Deutschlandfunk Kultur

Der Intendant der Kölner Philharmonie muss für den November 30 Veranstaltungen absagen. Ob und wann er sein Haus wieder öffnen darf, steht noch in den Sternen. Da Konzerte Vorlauf benötigen, müsste er jetzt bereits wissen, ob er zum 1. Dezember wieder spielen darf, sonst ist ein Spielbetrieb organisatorisch nicht zu leisten. Grundsätzlich kommt im Gespräch ein gewisse Frustration zum Ausdruck: Auch wenn Langevoort als Leiter der Philharmonie mit dem schlimmsten rechnen muss, hatte er doch die Hoffnung, dass die intensive Werbung fü r die gut ausgearbeiteten Hygienekonzepte an Theatern, Opern und Konzerthäusern unter anderem durch den Deutschen Bühnenverein bei der Politik Gehör finden werden. Der zweite Lockdown für Kultureinrichtung scheint ihm übertrieben, zumal er den Eindruck hat, dass die Politik an den Stellen, wo sie konsequent durchgreifen müsste, genau das nicht tut. Dass die Bundeskanzlerin aufgrund der nicht mehr nachvollziehbaren Infektionsketten davon spricht, die Gesamtbegegnungsmasse reduzieren zu müssen, findet er in ihrer Position vollkommen nachvollziehbar. Dennoch ist die Enttäuschung groß – auch über die Aussage von Markus Söder, dass man niemanden vor den Kopf stoßen wolle, der sich Mühe gegeben hat. Vor den Kopf gestoßen fühlt sich die Branche aktuell.
Angesprochen auf die versprochenen Ausgleichszahlungen ist Langevoort skeptisch. Auch im Frühjahr wurde Unterstützung versprochen. Diese wurden nur sehr langsam umgesetzt und viele Unternehmen und Solo-Selbständige haben nicht davon profitiert. Zudem weist er darauf hin, dass Künstler*innen auftreten wollen und nicht zu Sozialhilfeempfängern werden. Hinzu kommt, dass die Häuser sich auch als Kultureinrichtungen mit einem Bildungsauftrag verstehen. Diesem möchten sie auch in Pandemiezeiten nachkommen.

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tag Konzerthäuser Philharmonie Köln Soforthilfe November-Lockdown Planungssicherheit Angela Merkel Markus Söder Deutscher Bühnenverein Bauernopfer
Musik Interview

Kultur ist nicht für alle da . Corona-Maßnahmen und Kultur

by Tobi Müller (29 Oct 2020)
Original source: Zeit

Mit Till Brönner und der Band ›Die Ärzte‹ haben sich prominente Vertreter der Musikbranche zur Wort gemeldet und über die Existenznöte vieler Musiker*innen aber auch der für die Branche wichtigen Zuarbeiter von der Veranstaltungstechnik bis zur Gastronomie gesprochen. Nicht zu Unrecht kritisiert Tobi Müller in seinem Beitrag die von Brönner und der Musikbranche immer wieder vorgebrachten Zahlen und die damit suggerierte Wirtschaftsmacht. Damit würde nun die eine Gruppe gegen eine andere ausgespielt, Verteilungskä mpfe befördert. Sein Vergleich mit Angestellten, denen es ja ebenfalls schlecht ginge, hinkt jedoch. Schließlich bekommen diese gegebenenfalls Kurzarbeiter- und schlimmstenfalls Arbeitslosengeld. Der Solo-Selbständige darf hingegen gleich Hartz IV beantragen.
Für Tobi Müller verschweigen die Beiträge von Musikern und Veranstaltern aber auch, dass es in der Kulturbranche Bereiche gibt, die mehr und welche die weniger betroffen sind. Die Musik gehört zweifellos zu den am schwersten gebeutelten Wirtschaftsbereichen. Allerdings – so das zentrale Argument Müllers – die Kultur, von denen die Beiträge sprechen, ist die des gehobenen Bürgertums, das sich lautstark für die Rechte der Künstler*innen einsetzen kann. Gerade im Hinblick darauf, dass die Punkband ›Die Ärzte‹  sich in die ›Tagesthemen‹ gewagt hat, um ihre Stimme zu erheben, ist der Kulturbegriff, den Müller in seinem Beitrag vertritt, interessant. Geht er doch damit vor allem von Konzerthäusern, Bühnen und Museen aus, für die der Jazztrompeter Till Brönner als Symbolfigur herhalten muss, und nicht von den der Kultur ebenso zuzurechnenden Bereichen wie Volksmusik, Schlager oder Punk.
Die Anregung, die Tobi Müller für die Branche hat, muten aktuell etwas skurril an: Nicht immer nur den Staat in die Verantwortung nehmen, sondern untereinander Solidarität üben. Warum nicht die großen Theatersäle auch für Konzerte öffnen oder Kooperationen mit Museen eingehen, die meist über große, luftige Räume verfügen. Und als Zeichen der Nächstenliebe könnten auch Kirchen die Türen für Theater- und Musikschaffende anbieten – das bringt leider im November recht wenig, wenn Theater und Museen geschlossen sind und jegliche Form von Konzert verboten ist.

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tag Musikbranche Till Brönner Die Ärzte Solidarität Wirtschaftsfaktor Staat Publikum Hartz IV Kulturbegriff
Musik Kommentar

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Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

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Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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