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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Zurück zum Bettler-Status . Künstler in der Krise

by Helmut Mauró (02 May 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Es kann nur aus Verzweiflung geschehen, dass Musiker*innen in der Corona-Krise ihre Arbeit im Internet verschenken - so interpretiert es zumindest Herlmut Mauró in seinem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung. Damit degradieren sie sich nicht nur selbst - Mauró fühlt sich an frühere Dirigenten erinnert, die nicht im Frack, sondern in der Dienstuniform ihres Arbeitgebers am Pult standen -, sondern können ihrer Forderung nach staatlicher Unterstützung nur wenig Nachdruck verleihen. Unser Wirtschaftssystem macht schließlich den W ert einer Leistung an seiner Vergütung fest. Und so ist es lediglich eine konsequente Folge, dass im Rahmen des Corona-Hilfsprogramm ein altes Förderprogramm umgewidmet wurde und nun vor allem neue Präsentationsformen von Musik gefördert werden und nicht die Arbeit von freischaffenden Musiker*innen, Ensembles und Orchestern. 

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tag Onlineangebote Künstlerförderung Gratiskultur
Musik Kommentar

Kultur in der Corona-Krise . Erwacht endlich aus der Schockstarre!

by Marco Frei, Christian Wildhagen (01 May 2020)
Original source: Neue Züricher Zeitung

»Die Stimmung kippt.« Wie ein Warnruf an die Politik klingt der Auftakt des Artikels von Marco Frei und Christian Wildhagen. Sie registrieren Unmut in der Kulturbranche, fragen nach den Ursachen des langen Stillhaltens und ermutigen Musiker*innen und Veranstalter nicht länger der Politik das Zepter zu überlassen. Die Lage ist bekannt: Zahlreiche Kulturschaffende fallen durch das Raster der aufgelegten Hilfsprogramme und müssen Grundsicherung beantragen. Zwar geben getroffene politische Entscheidungen zum Verbot von Großveranstaltungen Pla nungssicherheit, lassen aber auch die Aussichten auf die zweite Jahreshälfte als wenig erfolgversprechend erscheinen, da viele weitere Festivals und Veranstaltungen Ende April abgesagt werden mussten. Hat die Branche die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie bislang klaglos mitgetragen, regt sich nun Widerstand gegen den Kahlschlag. In Deutschland ist dieser schon etwas länger zu beobachten, nachdem die Landesregierungen über Lockerungen für Biergärten und Pediküre nicht aber für die Musikbranche gesprochen haben. In einem Offenen Brief haben Anne-Sophie Mutter, Matthias Goerne, Christian Thielemann und andere Klassik-Größen nun ihren Unmut kundgetan. Dass der Protest erst so spät kommt, führen die Autoren Marco Frei und Christian Wildhagen auf ein »mangelndes Selbstwertgefühl der Künstler« zurück. Diese sind sich weder bewusst, dass sie in der Gesellschaft selbst ihre größte Lobby haben und mit der Kreativbranche als »wirtschaftlich signifikante Grösse« punkten können. Um sich Gehör zu verschaffen, bedarf es aber auch eines »Konzepts für Kultur unter den Bedingungen der Pandemie«. Das, so die Autoren, gibt es bislang nicht. Online-Angebote wie live-Konzerte oder das Streamern von Archivmaterial sind nicht nur in dem Zahl der Zugriffe von der Prominenz der Beteiligten abhängig, sie haben auch rückläufige Zugriffszahlen. Dass dem so ist und dass ein Onlineangebot weder klangtechnisch noch atmosphärisch ein Live-Kulturerlebnis ersetzen kann, ist auch den Veranstaltern bewusst. So haben sich nun vierzig Musikfestivals in Deutschland an die Bundesregierung gewandt, nicht nur mit der Bitte differenzierte Maßnahmen für unterschiedliche Veranstaltungsformen und -größen zu erlassen, sondern zugleich mit der Mahnung der »Gleichbehandlung von Kultur mit Sport, Religionsgemeinschaften und Wirtschaft«. Statt auf die Rechtsunsicherheiten und die fehlende Entscheidungsfreude der Politik mit einer Schockstarre zu reagieren, empfehlen die Autoren sich ein Vorbild an der Fußball-Bundesliga zu nehmen und selbst mit Experten Hygienekonzepte zu entwickeln. Wichtig wäre aber auch hierfür, dass die Akteure gemeinsam agieren und nicht jedes Haus an seinem eigenen Konzept arbeitet. Einzelne Orchester spielen bereits wieder. Am 1. Mai fand das traditionelle Europakonzert der Berliner Philharmoniker in reduzierter Besetzung und ohne Publikum statt. Auch das Musikkollegium Winterthur, die Münchner Philharmoniker und das Tonhalle-Orchester Zürich arbeiten an Hygienekonzepten. Dazu gibt es vor und auf der Bühne vieles zu bedenken – vor allem aber stellt sich die Frage, ob sich eine Veranstaltung unter solchen Bedienungen rechnet. So komplex die Probleme sind, sollten die Kultureinrichtungen sich nun nicht von der Politik das Heft aus der Hand nehmen lassen, sondern im Blick auf andere gesellschaftliche Bereiche die Nischen suchen, in denen Kulturarbeit möglich ist. Wenn Gottesdienste und Fußballspiele wieder möglich sind, warum sollten es Kammerkonzerte nicht sein? Zur Not müsste unter Berufung auf den rechtsstaatlichen Grundsatz der Gleichbehandlung die Öffnung von Kulturveranstaltungen eingefordert werden. Für den Erfolg einer Klage sieht der deutsche FDP-Politiker Wolfgang Kubicki gute Chancen: »Meine Prognose ist: In einigen Wochen wird auch bei den Gerichten der Geduldsfaden reissen. Dann wird es rechtlich nicht mehr möglich sein, bestimmte Veranstaltungen zu verbieten, obwohl sie die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie andere.«

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tag Klassische Musik Konzerthäuser Gleichbehandlung Bundesliga Großveranstaltungen Onlineangebote Hygieneregeln
Musik Beitrag

Vor dem Ersticken

by Andreas Kilb (18 Apr 2020)
Original source: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Die ersten Lockerungen hin zu einem normalen Alltag lassen die Bürger in Deutschland aufatmen, bieten sie doch ein Stück Normalität. Das gilt aber nicht für den Kulturbetrieb. Im »Namen der epidemiologischen Vernunft« wird der Kultur die Luft abgedrückt. Mit diesem eindrücklichen Bild beschreibt Andreas Kilb die Situation in der Kreativbranche seit Beginn des Lockdowns sehr eindrücklich. Das radikale Bild wählt der Korrespondent der FAZ, weil die Regelungen recht willkürlich erscheinen. Warum darf ein Warenhaus auf 800 Quadratmetern seine Dienstleistung anbieten, Museen müssen aber weiterhin geschlossen bleiben? Warum schwadroniert Markus Söder bei der Pressekonferenz darüber, dass die Biergärten trotz schönem Wetter nicht öffnen dürfen, erwähnt aber die Kultur mit keinem Wort. Kultur, das ist die Konsequenz aus der Pressekonferenz des Bundes, gehört nicht zu den »Lebensmitteln« - auch wenn Monika Grütters gerne das Gegenteil behauptet. Sie wird den Genussmitteln zugeordnet, auf die die Bürgerinnen und Bürgern nun noch eine Weile verzichten müssen. Für die vielen Beschäftigen der Branche bleibt nur die demütigende Prozedur des Hartz IV-Antrags und für die vielen kleinen Veranstaltungshäuer bleibt zu hoffen, dass sie den Würgegriff noch einige Zeit aushalten können.

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tag Hartz IV Lebensmittel Monika Grütters Markus Söder
Darstellende Kunst Debatte

Musik gegen die Stille

by Jens Lehmann (13 Mar 2020)
Original source: rbb24

Alle Konzerte sind abgesagt, doch die Klangkörper wollen spielen und verlegen ihre Konzerte kurzerhand ins Netz. Die Ratlosigkeit ist den Veranstaltern allerdings bei diesen Online-Auftritten anzusehen und Simon Rattle bringt es beim Konzert der Berliner Philharmoniker auf den Punkt: Man möchte in einer Zeit, in der die Menschen Abstand halten müssen, mit der Musik Trost spenden. Dieses Festhalten an der Normalität des Veranstaltungskalenders darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Programm der Berliner Philharmonie einem »Virtuell en Grabstein«. Nicht nur sind jetzt großartige Programme nicht zu hören, zugleich reißt das weitreichende Veranstaltungsverbot ein existenzgefährdendes Loch in die Kassen von der Musiker und Ensembles, aber auch der gesamten Zulieferkette des Kulturbetriebes.
Trotz der sich anbahnenden Notlage glänzen die Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Simon Rattle an diesem Abend. Gespielt wird Berios »Sinfonia« und Bartoks Konzert für Orchester, zwei Schlüsselwerke des 20. Jahrhunderts. Jens Lehmann ist begeistert von der Darbietung des Orchesters und der Stuttgarter Vokalsolisten im ersten Teil des Konzerts. Berios Portrait des Jahres 1968 wird meisterhaft dargeboten. Nach der Pause scheint die Leere im Saal auf die Musiker einzuwirken, die mit Bartok gegen das Unvermeidliche anspielen. Die sensationell gute Darbietung von Bartoks Konzert verhallt ohne Applaus. Totenstille herrscht nach dem letzten Akkord. Das rührt nicht nur den Zuhörer, sondern auch den Dirigenten.

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Musik Kommentar

Kreatives Kulturleben in Zeiten von Corona

by Torsten Landsberg, Sertan Sanderson (12 Mar 2020)
Original source: Deutsche Welle

Mit Beginn der Coronakrise wurden weltweit Konzerte abgesagt und Kultureinrichtungen mussten schließen. Das hindert Orchester und Ensembles nicht daran zu spielen. In Venedigs Teatro La Fenice spielte das Quartetto Dafne Ludwig van Beethovens Streichquartett Nr. 4 in c-Moll Op. 18 Nr. 4 und Aleksander Borodins Streichquartett Nr. 2 in D-Dur vor leerem Haus und streamte live in die Wohnzimmer der Musikliebhaber. Unter dem Hashtag  #iorestoacasa versehen - »Ich bleibe zu Hause« wird in Italien nicht nur ein Zeichen der Solidari tät mit den erkrankten Menschen gesetzt, sondern ebenso gezeigt, dass Kunst und Kultur vor dem Virus nicht kapitulieren. 
Aus Konzertsälen und Wohnzimmern weltweit wird live gestreamt. Das gilt nicht nur für die klassische Musik. So hat beispielsweise die italienische Sängerin Gianna Nannini ihre Fans mit einem Hauskonzert als Maßnahme gegen die Corona-Einsamkeit überrascht. 
Die Situation ist einmalig. Selbst Geoffry Wharton, der 30 Jahre als Konzertmeister beim Gürzenich Orchester in Köln tätig war, kann sich an eine vergleichbare Welle an Konzertabsagen nicht erinnern. Besondere Sorgen macht er sich in dieser Situation um seine freiberuflichen Kolleg*innen, die eine solche Welle an Absagen ökonomisch nicht lange überstehen können. 

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Musik Bericht

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The signet of facing arts joining the faces of STORM.

Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

Das Team

Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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