Ein gigantisches 4 Hektar messendes Lichtfeld machte Ende März 2009 auf dem Campus Nord des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Wissenschaft hautnah erlebbar. Was bei Cosmic Revelation auf dem Detektorfeld des KASCADE-Experiments in einer für Deutschland einmalig großen Lichtinstallation sichtbar wurde, sind die Energien der kosmischen Strahlung, die aus den Tiefen des Universums beständig auf unseren Planeten einwirken. Ein bis zwei Mal pro Sekunde entfesselten sich grell die kosmischen Kräfte in sechzehn eigens geschaffenen Blitzskulpturen.
Cosmic Revelation, Filmdokumentation Winter 2009, ca. 3 min., mv4 or webm
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Das Projekt ist eine einmalige Art & Science Kooperation des Preisträgers des Internationalen Medienkunstpreises und des Deutschen Lichtkunstpreises Tim Otto Roth und dem KASCADE-Experiment am Karlsruhe Institute of Technology (KIT). Cosmic Revelation war anläßlich des internationalen Abschluß-Symposium des KASCADE-Grande-Experiments am 30. März 2009 auf dem Campus Nord des KIT zu sehen.
Was in Cosmic Revelation in die Sprache des Lichts übersetzt wird, sind die Energien der kosmischen Strahlung, die aus den Tiefen des Universums kommend stetig mit der Atmosphäre des Planeten wechselwirken. Ein bis zwei Mal pro Sekunde entfesseln sich bläulich grell die kosmischen Kräfte in einem Feld von sechzehn „cosmic mirrors“. Mal blitzt es vereinzelt, mal entladen sich simultan alle Lichtskulpturen.
links: ein hochenergetisches kosmisches Teilchen löst in der Atmosphäre einen Luftschauer aus
rechts: KASCADE Detektorfeldes aus der Vogelperspektive mit einem "Event", der alle Blitze der 16 "cosmic mirrors" synchron auslöst
Wir sind mitten drin
Cosmic Revelation macht sichtbar, dass wir uns ohne es zu sehen, tagtäglich inmitten eines riesigen astrophysikalischen Experiments befinden. Dass Elementarteilchen mit unfassbar hohen Energien aufeinander treffen und sich zu einem so genannten „Event“ mit Millionen von neuen Teilchen in einem „Schauer“ ausbilden, ist nicht nur ein Phänomen, das künstlich erzeugt in physikalischen Großanlagen wie dem Large Hadron Collider (LHC) am CERN in Genf beobachtet werden kann. Vielmehr wirkt hochenergetische Strahlung aus dem All „frei Haus“ tagtäglich auf die Erde ein.
Sichtbarmachung des Unsichtbaren
Cosmic Revelation macht diese verborgene kosmische Exposition nicht nur sichtbar, sondern auch räumlich erlebbar. Sechzehn Lichtblitzskulpturen, die „cosmic mirros“, sind in Echtzeit an das Messfeld des KASCADE-Experiments des KIT Zentrums Elementarteilchen- und Astroteilchenphysik (KCETA) gekoppelt. Über das Messfeld, das so groß, wie vier Fußballplätze ist (200 x 200 m), sind die 252 Messstationen in kleinen Häuschen untergebracht. Trifft nun ein hochenergetischer Schauer auf eine Messeinheit des Feldes, in denen jeweils 16 Messstationen zusammengefasst sind, so wird der Hochleistungsblitz des mit der Einheit verbundenen „cosmic mirrors“ ausgelöst.
Skulptur "cosmic mirror" ,
ca. 95 mal 30cm
Enthüllung kosmischer Energien
Erfahrbar werden in den Lichtentladungen der Blitzskulpturen nicht nur die unsichtbare Energie der Teilchenschauer, sondern auch deren Verteilung und die Richtung der Schauer. Mal blitzt es nur vereinzelt an verschiedenen Stellen, mal erfasst das Feld eine Welle aus der Richtung woher der Schauer stammt. Blitzt das ganze Feld der sechzehn „cosmic mirrors“ synchron, dann kam eine Kaskade senkrecht von oben mit einer Energie, die einer Teilchenkollision im LHC in Genf entspricht.
Technik
Das alte Eventdisplay mit den 16 auflblitzenden, roten LEDs war die eigentliche Inspirationsquelle für das Projekt . Für die Steuerung der „Cosmic Mirrors“ dient als Grundlage das Eventdisplay von KASCADE. In Echtzeit werden die Daten der Messstationen online ausgewertet. Bei einem Event wird ein Signal (DMX-Protokoll) an den jeweiligen Blitz gesandt. Als Blitzquelle kommen in den sechzehn Einheiten Hochleistungsstroboskope mit je 1500 Watt Lichtleistung zum Einsatz, deren Elektronik zur Verbesserung der Synchronisation überarbeitet wurde.
links: Online-Eventdisplay
rechts: LED-Eventdisplay vor Ort (Clip: 1,55 Mb)
Die “Cosmic Mirrors” sind eine robuste Konstruktion und schützen die Blitze u.a. gegen Regen. Eine besondere Spiegelkonstruktion sorgt für eine gezielte Lichtverteilung. Die blaue retroflektierende Oberseite gibt den Skulpturen ein außerordentlich dynamisches Erscheinungsbild sogar bei Tag, wenn die Blitze nicht in Aktion sind. Die Lichtskulptur wurde von Tim Otto Roth entworfen und von den Werkstätten des KITs umgesetzt.
llinks: Cosmic Mirror in Aktion am Forum der Karlsruher Universität, November 2008
rechts: das retroflektierende Oberteil gibt der Skulptur eine dynamisch changierende Erscheinungsform
First Light
Da die Auswertung online geschieht, kann das Feld mit den sechzehn „Cosmic Mirrors“ sowohl vor Ort, aber auch ferngesteuert andernorts gezeigt werden. Das erste Mal wurde Cosmic Revelation im Forum der Universität im Herzen von Karlsruhe am 10. Nember 2008 gezeigt. Zu diesem Anlaß wurden die 16 „Cosmic Mirrors“ über Internet mit dem KASCADE-Feld verbunden, um in Echtzeit die Meßdaten zu übertragen. Weitere ferngesteuerte Präsentationen von Cosmic Revelation sind für das Internationale Jahr der Astronomie noch geplant.
First Light:: über Internet gesteuerte Installation am Forum der Universität Karlsruhe, November 2008
Art & Science als Push-Programm
Cosmic Revelation ist minimalistisches Lichtkunstwerk und wissenschaftliches Experiment zugleich. Es oszilliert zwischen der reduzierten Darstellung wissenschaftlicher Displays und deren Projektion aus der reinen Sichtbarkeit des Bildes in die räumlich erlebbare Installation. Das blitzende Feld verweist dabei nicht nur auf die physikalischen Prozesse in der Materie, sondern indirekt auch auf die schützende und moderierende Hülle der Atmosphäre, die Leben auf der Erde erst möglich macht.
ausgezeichnet:: KASCADE an der Kunstfassade in München, 2005
Bereits 2004/05 kam es zu einer ersten Kooperation von KASCADE und Tim Otto Roth. Damals wurden die Daten des zentralen Kalorimeters, der mittlerweile nicht mehr in Betrieb ist, in Echtzeit an die Kunstfassade in München übertragen. Man konnte somit life in München an der Lichtfassade mitverfolgen, wie sich die Energieverteilung der registrierten Teilchen beim Durchwandern der neun 10 cm dicken Absorberplatten aus Eisen veränderte. Tim Otto Roth wurde 2004 für die besondere Verbindung von Kunst und Wissenschaft an der Kunstfassade mit dem Internationalen Medienkunstpreis des ZKM Karlsruhe und des Südwestrundfunks ausgezeichnet. Als „ein Paradebeispiel für ein Push-Programm, eines public understandig of the sciences and humanities“, bezeichnete seinerzeit der Leiter des ZKM Karlsruhe Peter Weibel Tim Otto Roths Pixeltrip auf den Netzhäuten der Astro- und Teilchenphysik.