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LITTLE BANG ϑHEORY oder ZERO con CERN

Mit der immersiven Licht- und Klanginstallation LITTLE BANG THEORY verbindet der Schwarzwälder Konzeptkünstler und Komponist Tim Otto Roth eine Licht- und Klangskulptur, die an die frühen Arbeiten im Umfeld von ZERO erinnert, mit aktueller Spitzenforschung am CERN, der Europäische Organisation für Kernforschung:
Im abgedunkelten "Blautopf", dem Betriebsrestaurant der TRUMPF-Gruppe in Ditzingen, hängen, umgeben von einem sanften Nebel in drei Metern Höhe zwei sphärisch gewölbte Spiegel. Von zwei entgegengesetzten Richtungen horizontal beleuchtet, werden in unterschiedlicher Intensität und Ausrichtung Laserstrahlen in den gesamten Raum reflektiert. Die bunten Strahlen, die manchmal mehr an den Strahlenkranz einer Sonne, einmal mehr an einen gerichteten Lichtstrahl erinnern und doch in ihrer Farbigkeit beiden Phänomenen nicht gerecht werden, ziehen den Betrachter in ihren Bann. Durch sphärische Klänge, die entfernt an den Klangraum von frühen Science-Fiction-Filmen erinnern, wird der visuelle Eindruck verstärkt und das Ereignis mit allen Sinnen erfahrbar. Das faszinierende visuell-akustische Erlebnis lässt auf den ersten Blick kaum erahnen, dass es sich dabei um die sinnliche Umsetzung von physikalischen Großexperimenten handelt. Mit Little Bang Theory entführt Tim Otto Roth den Besucher in die Welt der Teilchenphysik.

Little bang theory wurde gefördert durch die Berthold Leibinger Stiftung.
 Berthold Leibinger Stiftung

Wissenschaftlicher Hintergrund

Bei der Kollision von hochenergetischen Teilchen in einem Teilchenbeschleuniger werden Bedingungen geschaffen, wie sie kurz nach dem Urknall, dem Big Bang, in unserem Universum geherrscht haben. LITTLE BANG THEORY nimmt den antiken Theoriebegriff als Anschauung und Kontemplation wörtlich und ermöglicht es dem Betrachter förmlich in das Experiment einzutreten. Dies gelingt Tim Otto Roth, indem er die Flugrichtung und die Energie der Teilchen nach der Kollision in Farben und Tonhöhen übersetzt. Damit entwickelt er erstmals ein universelles, laserbasiertes Eventdisplay, indem die Geometrie der unterschiedlichen Experimentanordnungen keine Rolle mehr spielt. In der visuellen und akustischen Übertragung der Teilchenkollisionen in den Raum lässt Tim Otto Roth die physikalischen Großexperimente erstmals sinnlich erfahrbar werden. Der Besucher befindet sich selbst mitten im Experiment und kann teilweise sogar live an diesen teilhaben. Das immersive Laser-Event-Display und Klangenvironment ermöglicht auf diese Weise Physikern und Laien einen völlig neuen Zugang zu einer Wissenschaft, die meist nur in theoretischen Modellen zugänglich ist.

LITTLE BANG THEORY arbeitet mit Daten der vier großen LHC Experimente: ALICE, ATLAS, CMS und LHC beauty. Darüber hinaus verwendet LITTLE BANG THEORY Daten des SPS Experiments NA61/SHINE.

LASER

Das immersive Laser-Event-Display und Klangenvironment zeigt, wie sich Kollisionen im Raum ausbreiten: Von zwei entgegengesetzten Richtungen horizontal beleuchtet, werden in unterschiedlicher Intensität und Ausrichtung Laserstrahlen von zwei gewölbten Spiegeln in den gesamten Raum reflektiert.
Die Laserstrahlen werden durch geringfügige Veränderungen der Auftrittswinkel auf die beiden Spiegeloberflächen in 180 Grad im Raum reflektiert. Durch die Verteilung eines leichten Nebels im Raum werden die Strahlen sichtbar. Der hellere, direkte Strahl versinnbildlicht die beschleunigten Teilchen, der Spiegel das Zentrum der Kollision und die reflektierten Strahlen, die sich in einem Strahlenkranz im Raum verteilen, machen die Produkte der Kollision erlebbar.

Programmiert wurde das Phyton-basierte Eventdisplay von Alexander Rechberg.

IMMERSION & SOUND

LITTLE BANG THEORY entführt den Besucher nicht nur in ein buntes Lichtspiel, sondern zugleich in einen sphärischen Klangraum, der entfernt an den Klangraum von frühen Science-Fiction-Filmen erinnert. Der Klang übersetzt die Energie der einzelnen Teilchen in Pulse von Sinuswellen. Diese einzelnen Töne addieren sich zu einem Gesamtklang, der Aufschluß über die energetische Komposition eines Events gibt. Durch die Verwendung einer Mehrkanal-Sound-Anlage wird der Eindruck verstärkt, inmitten der Flugbahnen der einzelnen Teilchen während der Kollision zu stehen. Durch das faszinierende visuell-akustische Erlebnis wird die Entstehung des Universums erfahrbar und Physik zum Ereignis.

Die klangliche Umsetzung wurde mit PD Puredata) realisiert. Hier einige Tonexzerpte der Premierestücke reduziert in stereo (Kopfhörer empfohlen):


Argon-Scandium-Kollision am NA61/SHINE Experiment: Beginnend mit den hochenergetischten Teilchentracks schichten sich nach und nach die Töne der insgesamt 185 Teilchen. Die Gesamtkomposition des Klangs endet mit einem untergründigen "Rauschen" in den tiefen Frequenzen, da die meisten Kollisionen quantitativ mehr niedrigenergetische Teilchen aufweisen. Die Lautstärkeverteilung über das Frequenzspektrum wurde entsprechend angepasst, damit die hochenergetischen Teilchen hörbar bleiben.

Proton-Proton-Kollision des ALICE-Experiments, bei dem nacheinander die energetischen Kompositionen und räumlichen Verteilungen verschiedener Teilchenarten zu hören sind: Kaonen, Protonen, Myonen, Pionen und Elektronen.

Verschiedene Proton-Proton-Kollisionen der Experimente ATLAS & CMS, bei denen sogenannte Teilchenjets isoliert wurden.

Besonderen Dank an Janus Fouché für die Unterstützung bei der Entwicklung des PD-Codes.

LIVE

Heutzutage ist es den physikalischen Großexperimenten am Cern möglich, die Ergebnisse von Teilchenkollisionen sehr schnell zur Verfügung zu stellen. So ist es LITTLE BANG THEORY möglich, die Kollisionen annähernd in Echtzeit darzustellen. In Abhängigkeit von der Verfügbarkeit aktueller Daten werden bei der Präsentation von LITTLE BANG THEORY live Daten von den Experimenten ATLAS, ALICE and LHCb abgerufen und dargestellt. Während der Premiere zur Verleihung des Berthold Leibinger Zukunftspreis und Innovationspreis für Lasertechnologie in Ditzingen bei Stuttgart waren aktuelle Daten von ALICE zu sehen.

ÜBER DIE CERN WISSENSCHAFTLER & DEN KÜNSTLER

Die Idee zur Entwicklung eines Universaldisplays für Teilchenkollisionen entwickelte Tim Otto Roth im Oktober 2009 mit Marek Gazdzicki, Sprecher von NA61/SHINE, während eines Aufenthalts als Artist in Residence am CERN (vgl. sein talk@CERN). Seither hat Tim Otto Roth die Idee kontinuierlich weiterverfolgt und das Laser-Display um die Klangkomponente erweitert.

Dank der großzügigen Projektförderung durch die Berthold Leibinger Stiftung konnte das Projekt 2016 realisiert werden. Für die Unterstützung bei der Entwicklung und den Zugang zu den Daten der jeweiligen Experimenten gilt ein besondere Dank: Jeremi Niedziela (ALICE), Felix Socher (ATLAS), Michal Naskret (SHINE) und Joao Pequenao (CERN Media Lab).

Der Künstler und Komponist Tim Otto Roth (*1974 in Oppenau/Schwarzwald) studierte ab 1994 Politik und Philosophie in Tübingen und wechselte 1995 an die Kunsthochschule Kassel. 2001 war er Meisterschüler von Floris M. Neusüss, 2004 folgte ein Abschluss in der Theorie der Visuellen Kommunikation. 2014 promovierte er zur Kulturgeschichte von Schattenbildern an der Kunsthochschule für Medien in Köln. In seinen künstlerischen Arbeiten verbindet er auf besondere Weise Kunst und Naturwissenschaften. In der projektiven Übersetzung von Körpern in Schatten, durch das Schaffen von Klangräumen oder durch die künstlerische Auseinandersetzung mit der Faszination für den Weltenraum am nächtlichen Himmel erkundet er den Raum auf unterschiedliche Weise. Viele seiner Arbeiten lassen sich daher als ein Plädoyer für eine "Physik der Kunst" begreifen. Tim Otto Roth arbeitet mit Wissenschaftlern führender Forschungseinrichtungen wie der Max-Planck-Gesellschaft (D), der TU Dresden, dem KIT Karlsruhe (D), der Europäischen Südsternwarte [ESO], dem Hubble Space Telescope [ESA & NASA], dem Brookhaven National Laboratory (US) oder dem KEK in Tsukuba (JP) zusammen.
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NEWS

9. September 2016: Premiere anlässlich der Verleihung des Berthold Leibinger Zukunfts- und Innovationspreises für Lasertechnologie in Ditzingen bei Stuttgart, mit einem Publikumsgespräch mit Prof. Rolf-Dieter Heuer (DPG).

Weitere Termine werden hier in Kürze bekannt gegeben

Medienecho und Pressebilder

4 November 2016
Art meets science: the Quasi-universal Event Display, by Virginia Greco, ALICE MATTERS

9 September 2016
Franziska Meißner: "Ein komplexes Thema anschaulich gemacht hatte der Lichtkünstler Tim Otto Roth", Stuttgarter Nachrichten


Pressebilder finden Sie auf der Presseseite von imachination projects.