Sonic Revolutions
27.6.-13.7.2025, Kunstareal München

Am 27. Juni 2025 ist zum Kunstareal-Fest in München das Heaven's Carousel auf der Wiese vor der Alten Pinakothek gelandet – ein fulminanter Auftakt für die völlig neue Produktion Sonic Revolutions. Vom 27. Juni bis 13. Juli haben sich allabendlich nach Sonnenuntergang die 36 leuchtenden Lautsprecher des elektroakustischen Musiktheaters in die Lüfte erhoben. An den letzten drei Präsentationstagen war mit Joseph & Ludwig eine besondere Beethoveninterpretation zu erleben.

Trailer Hommage á Risset Kunstareal München 2025

Trailer Sonic Revolutions Kunstareal München 2025

Klangfarbenkombinatorik Mit Stimmgabeln konnte Herman von Helmholtz aufbauend auf Überlegungen von Georg Simon Ohm bereits Mitte des 19. Jahrhunderts zeigen, dass sich bestimmte Klänge und deren charakteristisches Timbre als Summe von einzelnen Tönen beschreiben lassen. Dasselbe Prinzip der additiven Synthese setzt auch das Heaven's Carousel mit den Sinusgeneratoren in den einzelnen Lautsprechern ein. Die Rotation lässt diese nicht nur zu sprichwörtlich fliegenden Stimmgabeln avancieren, die jeweils nur einen ganz spezifischen Ton spielen. Hinzu tritt auch der Dopplereffekt, der die Tonhöhe in Abhängigkeit davon, ob die Tonquellen auf einen zu- oder wegfliegen, höher oder tiefer werden lässt. Durch die Kombination unterschiedlicher Tonfolgen mit variierenden Intensitäten entstehen komplexe Klangfarbenmuster. Im Unterschied zu einer Vielzahl von Instrumenten, deren Klang auf einem Grundton und einer Reihe von Obertönen in ganzzahligen Intervallverhältnissen basiert, agiert das Heaven's Carousel tonal freier und setzt überwiegend mikrotonale Skalen ein – eine Sphärenmusik des 21. Jahrhunderts.

Neues Kompositionsverfahren Tim Otto Roth hat mit seinem Studioteam für die Sonic Revolutions ein Kompositionsverfahren entwickelt, das es ermöglicht, Klänge von Instrumenten, Gesang oder Umweltklänge über ein ausgefeiltes Procedere in ihre jeweiligen Teiltöne zu zerlegen. Bis zu zwölf Lautsprecher werden je einem Instrument zugeordnet und geben die zerlegten Obertöne wieder und leuchten analog zur Tonhöhe in einer Spektralfarbe auf. In unterschiedlichen Kompositionen und Bearbeitungen für das Heaven's Carousel wird dieses neue Oberton-Kompositionserfahren erlebbar. Verblüffend bei dem minimalistischen Spiel ist, wie schon beim Erklingen von vier oder fünf Sinustönen sich die charakteristische Klangfarbe eines Instruments andeuten kann.

Oberton-Kompositionen Zu der Zeit als Beethoven an seinen späten Werken wie der Missa Solemnis, den Diabelli-Variationen oder der Neunten Symphonie arbeitete, fand parallel in Frankreich eine Revolution im Bereich der Signalverarbeitung statt. Für die Analyse von Klängen hat sie nachhaltige Folgen: Dem französischen Mathematiker und Physiker Joseph Fourier gelang es mit der nach ihm benannten Fourieranalyse ein periodisches Signal als Summe von Sinus- und Kosinusfunktionen zu beschreiben. Mit dieser mathematischen Auffächerung analog zu der prismatischen Auffächerung des Lichts in einzelne Spektrallinien 1814 durch Joseph von Fraunhofer gelang es Georg Simon Ohm ein Klanggeschehen in seine Teiltöne zu zerlegen. Die Entdeckung Fouriers legte so die konzeptionelle Grundlage für die spätere additive Synthese von Klängen aus sich zusammensetzenden Einzeltönen aber auch für die elektronische Audioverarbeitung.

Beethoven meets Fourier Zum Abschluss der Präsentation erklingt vom 11. bis 13. Juli 2025 unter dem Titel Ludwig & Joseph – Beethoven meets Fourier eine Bearbeitung von Ludwig van Beethovens Großer Fuge op. 133 für das Heaven's Carousel. Durch die Rekomposition der Streichinstrumente erfährt dieses späte revolutionären Streichquartett von Beethoven eine radikale Neuinterpretation, die es nicht nur auf unerhörte Weise zum Klingen bringt, in dem sie die Grenze zwischen Analytik und Poetik auflöst. Zugleich wird das Konzept der Klangfarben durch die musiktheatralische Erweiterung, Lautsprecher komplementär zum gespielten Ton in einer Spektralfarbe aufleuchten zu lassen, erfahrbar gemacht.

Kollaboration Die Sonic Revolutions sind ein Projekt der TUM Professur für Audiosignalverarbeitung, Prof. Bernhard Seeber, und des TUM Center for Culture and Arts mit Tim Otto Roth.

Dank Die Sonic Revolutions werden gefördert von der TUM Universitätsstiftung, der Aventis Foundation und der Kulturstiftung der Stadtsparkasse München.

Veranstaltungsort:

Wiese südlich der Alten Pinakothek
Barerstraße 27
80333 München