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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Wie Autorinnen und Autoren in der Corona-Krise geholfen wird . Rettungspaket »Neustart Kultur«

by Anne Sailer (24 Aug 2020)
Original source: mdr Kultur

Im Rahmen von »Neustart Kultur« soll in drei Teilprogrammen auch Autor*innen unter die Arme gegriffen werden. Ziel der Programme ist öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren, um Verkäufe anzukurbeln. Neben einer Internetplattform auf der sich 100 Autor*innen präsentieren können und für ihren Beitrag je 500€ erhalten, gibt es das Programm »Tausend Literarische Wiederbegegnungen«. Hier erhalten die Autor*innen je 1000€. In der dritten Förderlinie werden interaktive Programme für Kinder und Jugendliche gef ördert.
Der Deutsche Literaturfonds wurde von Monika Grütters beauftragt, die Gelder zu verteilen. Damit ist der Verein vor eine ganz besondere Aufgabe gestellt, besteht seine Aufgabe doch eher darin, ästhetisch anspruchsvolle Literatur zu fördern, die am Markt wenig Chancen hat.
Eine Autorin, deren Film bereits auf der Seite des Literaturfonds abrufbar ist, ist Daniela Danz. Mit einer Ideenskizze hat sie sich für das erste Teilprogramm beworben. Nun ist sie zu sehen, wie sie in Gummistiefeln durchs Gras geht und das Anfangsgedicht ihres neuen Lyrikbandes liest. Auch wenn im Video alles sehr locker wirkt, benötigte sie viele Versuche, bis das Timing stimmte. Auch wenn das Angebot sehr niederschwellig erscheint, ist die technische Umsetzung dann doch eine Herausforderung. Beim Deutschen Literaturfonds gingen wesentlich mehr Projektvorschläge ein, als Gelder vorhanden sind. Selbst für diejenigen Autor*innen, die sich in einem Video präsentieren dürfen, ist das Programm aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Was wirklich helfen würde, ist die Rückkehr zur Normalität, mit echten Lesungen vor einem aufmerksamen Publikum

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tag Autorenförderung Neustart Kultur Deutscher Literaturfonds Monika Grütters Daniela Danz
Wort Bericht

»Das ist kein Neustart, das ist der Tod auf Raten« . Konzertveranstalter und Corona

by Benjamin Fischer (17 Aug 2020)
Original source: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Stephan Thanscheidt ist Ko-Chef von FKP Scorpio. Die Firma mit rund 350 Mitarbeitern in 11 Ländern gehört nicht nur zu den größten Festivalorganistatoren Europas, das Unternehmen hat im vergangenen Jahr rund 3000 Konzerte von mehr oder weniger bekannten Musiker*innen – darunter Superstars wie Ed Sheeran oder David Guetta – ausgerichtet. Thanscheidt ist vor allem für die Ausrichtung der Festivals verantwortlich. So verbringt er im Sommer normalerweise mehr Zeit auf Festivals denn am Schreibtisch. Das ist wichtig, um das Gespür f& uuml;r die Wünsche und Erwartungen der Besucher*innen zu behalten.
Im März und April liefen bei FKP Scorpio die Planungen für die Sommerevents weiter. Zwar hatte man schon während des Lockdown ein ungutes Gefühl, aber ohne eine längerfristige Absage durch die Behörden, hatte das Unternehmen keine andere Wahl, als die Festivals erst einmal zu verschieben, um den Versicherungsschutz nicht zu verlieren. Das war ein enormer Aufwand, mussten doch immer wieder Veranstaltungen und die entsprechenden Karten umgebucht werden. Die Werbung wurde neu aufgelegt, nur um dann die nächste Verschiebung anzukündigen.
Die Branche, die selbst in der Wirtschaftskrise 2009 kaum Einnahmeausfälle hatte, sieht sich nun vor völlig neuen Herausforderungen. Kurzarbeit und Homeoffice waren bislang völlig fremd. Zwar finden regelmäßige digitale Treffen statt, aber die gemeinsame kreative Arbeit lässt sich nur schwer realisieren. Vor allem für die zehn Auszubildenden ist die Situation mehr als unbefriedigend, lernen sie doch aktuell nur Teile der geplanten Aufgabenbereiche kennen.
Im Sommer hat man sich in der Branche auf Stillstand bis Weihnachten eingerichtet. Sollten auch im kommenden Jahr keine Veranstaltungen möglich sein, stehen viele Unternehmen vor dem Aus. Zwar entsteht im Moment in der Öffentlichkeit und der Politik der Eindruck, dass durch Autokino-Konzerte oder andere Veranstaltungen wieder Geld in die Kassen komme, dabei handelt es sich nach Aussage von Thanscheidt aber nicht um ernst zu nehmende Einnahmen, sondern vielmehr um einen »Tod auf Raten«. FKP Scorpio hat in den letzten Jahren solide gewirtschaftet und kann noch auf Rücklagen zurückgreifen. Sollten aber auch im kommenden Jahr keine Festivals mit normaler Kapazität stattfinden können, wird es auch für FKP Scorpio eng.

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tag Konzertveranstalter Festivals Versicherung Planungssicherheit Exit-Strategie Auszubildende
Musik Beitrag

»Auch Kunst ist systemrelevant« . Kultur in der Corona-Krise

by Katharina von Tschurtschenthaler (13 Aug 2020)
Original source: tagesschau

Seit 6 Wochen spielt das Hamburger Tivoli-Theater an der Reeperbahn wieder. Allerdings ist vieles anders als in Vor-Corona-Zeiten. Jedes Haus muss sein eigenes Hygienekonzept vorlegen und genehmigen lassen. Im Tivoli dürfen aktuell nur 250 statt 630 Tickets pro Vorstellung verkauft werden. Doch im Unterschied zu den erfolgreichen Hamburger Musicals, die nach wie vor nicht spielen können, ist hier zumindest der Betrieb gesichert. Unterstützung von der Hamburger Kulturbehörde macht es möglich, dass das Tivoli trotz der fehlenden Einnahmen über die Runden kommt. Dennoch zeigt sich der Theater-Chef Corny Littmann enttäuscht, dass die Bedeutung der Kultur in Corona-Zeiten nicht wirklich diskutiert wurde. Im Fokus standen Lufthansa und Kitas. 
Das Team ist froh, wieder auftreten zu dürfen. Sänger machen Einlasskontrolle oder übernehmen die Moderation des Abends. Nach vier Monaten ohne Engagement wird jeder Job angenommen. Was allerdings nach wie vor fehlt, ist die Interaktion mit den Zuschauern. Diese sind froh, dass sie wieder Kulturveranstaltungen besuchen dürfen.

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tag Tivoli-Theater Hygieneregeln Bilanz Kulturförderung Hamburg Musical
Darstellende Kunst Bericht

Lost Art . Measuring COVID-19’s devastating impact on America’s creative economy

by Richard Florida, Michael Seman (11 Aug 2020)
Original source: Brookings Report

Dieser Bericht der Brookings Institution, verfasst von den Ökonomen Michael Seman und Richard Florida, analysiert die wirtschaftliche Situation des US-amerikanischen Kultursektors im Zeitraum vom 1. April bis 31. Juli 2020. Er schätzt die landesweiten Verluste der Kreativwirtschaft auf 150 Milliarden Dollar, die von Eintrittskarten und Konzertartikeln bis hin zu Gemälden und Musikunterricht reichen. Von den 50 Bundesstaaten wird Kalifornien in Bezug auf die absoluten Verluste der Kreativwirtschaft und der Berufe am stärksten betroffen sein, New York C ity wird der am stärksten betroffene Großraum sein. Die Bildende und Darstellende Kunst wird am härtesten betroffen sein, da sie 50 % aller Arbeitsplätze und mehr als ein Viertel aller landesweiten Umsatzeinbußen erleiden wird. Nichtsdestotrotz sehen die Autoren des detaillierten 30-seitigen Berichts eine Chance für die Gemeinden, sich auf lokal bezogene Kultur umzustellen.

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tag USA New York Kalifornien Schließungen Arbeitsplatzverlust Federal Art Project lokales Publikum Umsatzeinbruch
Alle Sparten Studie

Es sieht düster aus, bilanziert die Schweizer Museumsbranche . Corona-Folgen für Museen

by brik/kusv (10 Aug 2020)
Original source: Radio SRF 2 Kultur

»Es ist schlimm, was man einfach so informell sieht und hört.«, so kommentiert Tobia Bezzola, Präsident des Schweizer Verbandes der Museumsfachleute ICOM, die Lage der Museen in der Schweiz. 50 bis 80 Prozent Einbruch bei den Besucherfrequenzen  sind zu verzeichnen. Standort, Art der Finanzierung und der Anteil der überregionaler Besucher*innen entscheiden aktuell über die Höhe der Verluste.
Es wird eng, sagt Claudia Rütsche, Direktorin des Wissenschaftsmuseums Kulturama in Zürich. Sie wartet noch auf die Rü ckmeldung zur Corona-Kompensation, die sie beim Kanton Zürich beantragt hat. Sollte sie keine Gelder erhalten oder die Krise länger andauern, dann wird sie Mitarbeiter entlassen müssen. Aktuell hat sie kein Budget, mit dem sie rechnen kann; Zukunftspläne kann sie keine machen.
Ähnlich geht es auch Tobia Bezzola, der auch Direktor des Museo d'arte della Svizzera Italiana MASI ist. Das Museum ist zu einem großen Teil vom Kanton Tessin und der Stadt Lugano finanziert, daher muss er nicht um den Bestand des Hauses führen. Allerdings sind während der Krise sind die Besucherzahlen um 90 Prozent zurückgegangen. Vernissagen und keine exklusive Veranstaltung für Sponsoren können nicht durchgeführt werden. So fallen neben den Eintrittsgeldern weitere Einnahmen aus.
Das Naturmuseum St. Gallen ist in einer vergleichsweise komfortablen Lage. Das Museum ist nicht nur von der Stadt finanziert, es hat in den letzten drei Jahren Gewinn zudem gemacht und Rücklagen gebildet. Dennoch blickt auch der Direktor Toni Bürgin besorgt in die Zukunft. Reserven angreifen, um Löcher zu stopfen, ist nur einmalig möglich. Für die Zukunft muss in allen drei Häusern wird über Sparmöglichkeiten nachgedacht, was letztendlich bedeutet, dass das kulturelle Angebot reduziert werden müsste, wenn die Corona-Folgen längerfristig spürbar blieben.  

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tag Museen Besucherzahlen Finanzen öffentliche Finanzierung Claudia Rütsche Tobia Bezzola Toni Bürgin
Bildende Kunst/Design Bericht

Berliner Künstler: Jetzt gehen sie für mehr Corona-Hilfe auf die Straße

by Florian Thalmann (08 Aug 2020)
Original source: Berliner Kurier

Die Künstler*innen waren die ersten, die nicht mehr arbeiten durften. Sie werden die letzten sein, die wieder in einen normalen Alltag zurückkehren werden. Dennoch gibt es für die Berufsgruppe der selbständigen Künstler*innen und alle abhängigen Beschäftigen keine Unterstützung. Zwar wurde in Berlin zu Beginn der Krise ein Soforthilfe in Höhe von 5.000 € ausbezahlt, seither gibt es aber für diese Berufsgruppe nur die Möglichkeit, Hilfe für laufende Betriebsausgaben zu beantragen. Lebenshaltungskosten kö ;nnen nur über Hartz IV beantragt werden. So haben sich viele Künstler*innen bereits nach anderen Jobs umgesehen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. So ist das kritische Potential der Berufsgruppe gebunden. Mit einer Demonstration am Sonntag, den 9. August 2020 haben die Berliner Künstler*innen auf ihre Situation hingewiesen. Sie fordern ein Existenz-Geld, das es ihnen ermöglicht, die Krise zu bewältigen, bis sie wieder in ein normales Leben zurückkehren können.

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tag Künstler Hilfe Jetzt Demonstration Existenz-Geld Hartz IV
Alle Sparten Bericht

DOV: In der Klassik fallen viele durch alle Förderraster . Corona-Hilfen für die Musik

by Gerald Mertens, Jörg Biesler (02 Aug 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Förderbedingungen für die Sparte Musik wurden vom Bund aufgestockt. Auch Lebenshaltungskosten können nun berücksichtigt werden. Dennoch reicht die Unterstützung bei weitem nicht, die Milliardenverluste in der Branche aufzufangen – zumal für Musiker*innen alle Beschäftigungsstrecken gleichzeitig weggebrochen sind.
 Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) schildert im Interview die aktuelle Lage der Künstler*innen und Orchester.
Die Länder haben unterschiedlich viele Dinge gemacht. Die Programme des Bundes setzen an den unterschiedlichen Stellen an. Mertens geht perspektivisch davon aus, dass noch 12 Monate mit einem Notplan gearbeitet werden muss. Die Lage ist aktuell in den Orchestern so, dass im Festanstellungsbereich rund 70 Prozent der Musiker*innen in Kurzarbeit sind. Die Orchester selbst werden so wohl über die Runden kommen. In geschlossenen Räumen gibt es nach wie vor große Probleme mit den Abstandsregeln auf der Bühne und der Umsetzung der Hygieneregeln. Die neue Spielzeit ist noch immer nicht sicher planbar.
Die Unterstützung des Bundes ist nicht für die klassische Musik vorgesehen: Die 10 Millionen der Initiative Musik helfen dem Rock-, Pop- und Jazzbereich, sowie Hip-Hop und Metall, 10 weitere Millionen, die an den Musikfonds gegangen sind, unterstützen den Bereich der Neuen Musik und dem Jazz. Die klassische Musik fällt aktuell durch das Raster. Das hat zur Folge, dass erste Künstler*innen bereits jetzt darüber nachdenken, den Beruf zu wechseln. Ein ganzes Jahr können die Musiker*innen ohne Einnahmen nicht überstehen. Deutliche Lücken in der klassischen Musik und im Kulturbetrieb zeichnen sich bereits ab. Ein Apell ging beispielsweise an die großen Kirchen mehr Musiker*innen in den Gottesdiensten einzusetzen. Die öffentliche Förderung muss hier weiter unter die Arme greifen, weil kleinere privat organisierte Häuser mit den wenigen zugelassenen Besucher*innen nicht kostendeckend arbeiten können. Die Forderung an den Bund ist, die Finanzierungslücke zu schließen und eine Brücke zu schlagen, bis wieder unter Normalbedingungen Konzerte durchgeführt werden können.

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tag klassische Musik Orchester Berufsverbot Initiative Musik Umsatzeinbruch Kulturförderung
Musik Interview

Durchs Raster gefallen . Kulturschaffende in Coronakrise

by Sabine Seifert (29 Jul 2020)
Original source: taz

Drei Monate nach einem ersten Gespräch zu ihrer persönlichen Situation als Künstler*innen während des Lockdowns trifft sich Sabine Seifert wieder mit einem Sänger, einer bildenden Künstlerin, einem Schauspieler und einer Museumspädagogin, um mit ihnen über ihre Erfahrungen während der Corona-Krise zu sprechen.
Die Arbeitsbedingungen sind für die Künstler*innen nach wie vor alles andere als optimal. Der Tenor Wilko Reinhold gibt nach wie vor kein Präsenzunterricht, weil die Corona-Auflagen ihn unheimlich v iel Zeit kosten würden. Der Schauspieler und Regisseur Sascha Oliver Bauer finanziert sich überwiegend durch Synchronsprechen. Er hat die letzten Monate von der Grundsicherung gelebt und hat jetzt den ersten längerfristigen Auftrag erhalten. Das soziale Netz, das es ihn Deutschland gibt, weiß er sehr zu schätzen. Soforthilfe und Grundsicherung haben ihm geholfen, die letzten Monate finanziell zu überstehen. So einfach aufgefangen wurden leider nicht alle Antragsstellenden, da die Sachbearbeiter*innen die vereinfachte Antragsstellung recht unterschiedlich verstanden. Hinzu kommt, dass die Anträge auf Grundsicherung sich lediglich um rund ein Viertel erhöht haben. Aufgrund des schlechten Nimbus von Hartz IV schreckten viele vor einem Antrag zurück.
Auch die Anträge für Solo-Selbständige berücksichtigen die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstler*innen auch nach drei Monaten nicht, beklagt  Veronika Mirschel vom Referat „Selbstständige“ bei der Gewerkschaft Verdi. Nicht nur dass in vielen Bundesländern die Lebenshaltungskosten nicht als Betriebskosten angesehen werden dürfen, ist ihr ein Dorn im Auge, auch die Tatsache, dass in der zweiten Antragsrunde die Anträge nur noch von Steuer- oder Wirtschaftsprüfern gestellt werden dürfen, gehe völlig an der Realität kleiner und mittlerer Unternehmen vorbei. Die Aufteilung der Hilfen durch die Bundesregierung empfindet auch Heidi Sill, Sprecherin des bbk berlin, als ungerecht. Während für Kurzarbeiter die Hilfen aufgestockt werden, fühlen sich die Solo-Selbständigen alleine gelassen.
Zwar ist der Beruf des Künstlers/der Künstlerin grundsätzlich mit Unsicherheit verbunden, aber aktuell haben sich die Rahmenbedingungen radikal geändert. Niemand kann mit Sicherheit voraussagen, wie sich die Pandemie entwickelt. Wann wieder welch Veranstaltungsformate möglich sein werden.
Eine besonders schlechte Stellung haben in dieser Zeit die Museumspädagog*innen. Sie wurden in den letzten Jahren zunehmend in die Solo-Selbständigkeit abgedrängt, da die Häuser keine festen Stellen mehr vergeben. Da ihr Beruf als Gewerbe gilt, sind sie nicht nur umsatzsteuerpflichtig, sie können auch nicht in die Künstlersozialkasse aufgenommen werden. Wann wieder Führungen angeboten werden können, ist in vielen Bundesländern nach wie vor unklar. Größere Gruppenführungen wird es in absehbarer Zeit wohl keine geben.
Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, verweist darauf, dass sich die Arbeitsstrukturen auf den Kulturmarkt in den letzten Jahren verändert haben. Es gibt zwar weniger Künstler*innen, aber mehr Solo-Selbständige im Bereich kultureller Bildung, Management und in der Technik. Die Kulturpolitik hat es versäumt den prekären Strukturen, die hier entstanden sind, entgegen zu wirken. Grundsätzlich müsste man darüber nachdenken, so Olaf Zimmermann, ob der klassische Unternehmerbegriff auf Kunst- und Kulturschaffenden noch zutrifft – zumal sie einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten.
Wie kann Solidarität unter Künstler*innen – nicht nur in der Corona-Krise – aussehen? Das ist eine Fragestellung, mit der sich das Sheshepop Kollektiv schon länger beschäftigt, die nun aber drängender wird. Das Kollektiv wird in die neue Spielzeit mit einer Produktion im HAU (Hebbel am Ufer) starten. Bis dahin sind alle Rücklagen aufgebraucht, aber die Begeisterung über die einmaligen Probebedingungen auf der Originalbühne lässt über die finanzielle Misere hinweg positiv in die Zukunft blicken.

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Alle Sparten Bericht

Der verzögerte Kulturinfarkt . Resilienz des Kulturbetriebs

by Dieter Haselbach, Pius Knüsel (27 Jul 2020)
Original source: Kulturmanagement

Die Corona-Krise macht die Zweiklassengesellschaft im Kulturbetrieb sichtbar. Während die öffentlich finanzierten Einrichtungen zwar Einnahmeverluste hinnehmen müssen, sind die Jobs der teilweise in Kurzarbeit befindlichen Mitarbeitern sicher. Die öffentlichen Kassen übernehmen die auflaufenden kosten. Anders sieht es im privat finanzierten Bereich aus. Vom Theater über Kinos bis zu Klubs stellt sich die Frage, wie lange die Kapitaldecke ausreichen wird und ob die öffentlichen Hilfen ausreichen, um über die Krise zu kommen. Die Ple itewelle wird nicht ausbleiben. Selbständige Künstler*innen und ihre Hilfsberufe sind die Leidtragende der Krise, vor allem wenn ihre Tätigkeit Publikum voraussetzt: Live-Musiker*innen, Schauspieler*innen, Tontechniker*innen, Festivalmitarbeiter*innen, Kulturpädagog*innen, Honorarkräfte in Musikschulen und Puppenspieler*innen. Diese »unerschöpfliche Reservearme für die Institutionen« war bereits vor der Krise schlecht bezahlt. Da das Einkommen nur für die laufenden Lebenskosten ausreichte, führt dessen Wegfall direkt in eine existentielle Krise.
In Anbetracht der Tatsache, dass bereits vor der Krise über den Publikumsschwund in Kultureinrichtungen und den Bedeutungsverlust der Museen diskutiert wurden, sind die Verfasser über einen Beitrag von Tobias J. Knobloch, Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft, irritiert, der anmahnte, die öffentliche Finanzierung auszuweiten, um die Krisenfolgen für den Kulturbetrieb abzuwenden. In diesem Zusammenhang spricht er auch von Resilienz.
Hierbei darf nicht vergessen werden, dass in der Krise die große Zeit der Kulturverbände ist. Sie versuchen nun, einen Teil von den öffentlichen Geldern abzubekommen. Anders sieht es bei den Solo-Selbständigen aus, die durch die Förderraster der Bundes- und Landesregierungen fallen. Die Kulturverbände wehren sich in dieser Situation dagegen, dass der Zugang zum ALG II der einzige Ausweg aus dieser Misere sein soll. Lediglich Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat mahnte, dass der Zugriff auf das soziale Sicherungssystem ein Segen sein, der seit vielen Jahren vier Millionen Menschen zugemutet wurde. Warum also nicht als Künstler*in in Krisenzeiten auf das soziale Netz zugreifen?
Hier kommen die Autoren zum Hauptpunkt ihres Beitrags: Viele Künstler*innen verfügen nicht über ein Geschäftsmodell, das tragfähig wäre und Rücklagen und eine sinnvolle Alterssicherung vorsieht. Krisen- und Altersvorsorge auf später zu verschieben, ist kein Modell mit Zukunft. Auch wenn der Staat aktuell freigiebig ist, muss im Kulturbereich nachhaltiges Wirtschaften Einzug halten.
Aber auch in den öffentlichen Einrichtungen offenbart die Krise des Systems. Da im öffentlichen Bereich keine Rücklagen gebildet werden dürfen, operieren die Einrichtungen immer am Rande der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Andererseits folgt man den Null-Imperativ. Es werden keine Risiken eingegangen, d.h. aber im Umkehrschluss auch, dass keine Veränderungen möglich sind.
Aktuell wird jeglicher Kritik mit dem Hinweis auf die Corona-Krise begegnet. Dennoch stellt sich die Frage, ob die gewählten Förderinstrumente zielführend sind.
In ihrem Ausblick gehen die Autoren davon aus, dass die großen staatlich finanzierten Häuser die Krise überstehen werden, viele Soloselbständige und privat finanzierte Häuser aufgeben werden. Auch der Kulturtourismus wird 2021 wieder einsetzen. Die einzige Chance der Akteur*innen besteht darin, sich neue Handlungsspielräume zu erarbeiten. Einen Kulturinfarkt vermeiden kann man aktuell nur, wenn die Förderinstrumente und Organisationsprinzipien überdacht werden und die Digitalisierung vorangetrieben wird.

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tag Museen Kulturförderung Soforthilfe Solo-Selbständige Hartz IV Olaf Zimmermann Tobias J. Knobloch
Alle Sparten Bericht

»Was in Berlin passiert, ist ziemlich einmalig« . Corona-Hilfe für Klubkultur

by Laura Aha (20 Jul 2020)
Original source: Spiegel

Klubs waren die ersten Kultureinrichtungen, die schließen mussten, und sie werden aller Voraussicht nach auch die letzten sein, die wieder öffnen dürfen. Alleine in Berlin sind in 140 Klubs und ebenso vielen Klub-Veranstaltungsagenturen rund 9000 Menschen beschäftigt. In Berlin hat Kultursenator Klaus Lederer ein Hilfspaket in Höhe von 30 Millionen Euro für Klubs aufgelegt. Das hilft zumindest den größeren Einrichtungen, kurzfristig die Existenz zu sichern – lange werden sie aber auch mit dieser Unterstützung nicht dur chhalten können.
In den großen Metropolen sieht es ganz ähnlich aus. In Hamburg und Köln wurden ebenfalls von der Stadtverwaltung Programme aufgelegt, um die Klubszene zu unterstützen. Das ist auch insofern nötig, als die Klubs in der Regel nicht von der Kulturförderung des Bundes profitieren können. Andererseits haben die Klubs bislang selten Förderung von den Ländern erhalten, weshalb sie jetzt durch das Raster fallen, da sie um ihre Anerkennung als Kulturort kämpfen müssen. Wo es keine Lobbyverbände gibt, gibt es in der Regel auch keine Förderung. Das ist vor allem in den ostdeutschen Bundesländern der Fall. So fürchtet die lebendige Clubszene in Leipzig und Dresden um ihre Existenz. Aktuell ermöglicht die Open-Air-Saison, die Umsatzeinbrüche etwas auszugleichen. Die Szene bedarf aber einer langfristigen Strategie, um der Krise nicht zum Opfer zu fallen.

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tag Clubszene Berlin Soforthilfe Konjunkturpaket Klaus Lederer
Musik Bericht

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The signet of facing arts joining the faces of STORM.

Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

Das Team

Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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