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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

»Das ist eine neue Kunstgattung«

by Christian Riethmüller (22 May 2020)
Original source: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Am Freitag, den 22.05., feiert ein neues Format des Live-Entertainment in Frankfurt Premiere: Mit der Stage-Drive-Kulturbühne hat die Kulturbühne an der Jahrhunderthalle ein an das Autokino angelehntes Format entwickelt, das wieder ein Kulturprogramm mit Comedy und Kabarett, Musik, Literatur und Film möglich macht. Die Bühne wird flankiert von zwei je 50 Quadratmeter großen LED-Screens, die das Geschehen für die Besucher*innen sichtbar machen. Diese sitzen auf dem Parkplatz verteilt auf 300 der Größe nach sortierten Fahrzeugen. & Uuml;ber eine eigene UKW-Frequenz wird der Ton auf die Autoradios übertragen. Tickets werden pro Auto verkauft. Außerhalb der Fahrzeuge gelten die üblichen Hygieneregeln. Ob das Format funktioniert, wenn beispielsweise ein Kabarettist das Lachen seines Publikums nicht hört, wird sich hier ab Freitag zeigen. Moritz Jaeschke, Geschäftsführer der Jahrhunderthalle, hat das neue Bühnenformat in enger Abstimmung mit der Wirtschaftsinitiative Frankfurt/Rhein-Main entwickelt, die das Projekt auch finanziell unterstützt. Als wichtigen Standortfaktor in der Region darf die Kultur nicht vernachlässigt werden, ist man bei der Wirtschaftsinitiative überzeugt. Die Bühne könnte zudem auch andere Verwendungszwecke finden wie zum Beispiel für Präsentationen von Firmen. Erst einmal ist aber ein vielfältiges Kulturprogramm geplant, das über die Homepage der Jahrhunderthalle abrufbar ist.

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tag Stage-Drive-Kulturbühne Frankfurt Wirtschaftsfaktor
Darstellende Kunst Bericht

Eine Frage der Klimaanlage? . Corona und Kulturveranstaltungen

by Reinhard J. Brembeck (22 May 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Schon vor der Krise war die Förderung der freien Kunstszene nicht sehr üppig. Aktuell gilt die Kunst der Politik nicht als überlebensrelevant. Während Hilfen für Lufthansa und die Lockerung für Fußballspiele diskutiert werden, werden Künstler*innen nur zögerlich unterstützt. Sogar große Orchester wie die Berliner Philharmoniker gehen in Kurzarbeit.
Zwar sind erste Veranstaltungen wieder möglich, doch im Vergleich zur den Veranstaltungen vor dem Lockdown sind es mickrige Kleinstveranstaltungen. Wenige Mu siker sehen sich einem enorm dezimierten Publikum gegenüber. Zwar möchten die Konzerthäuser nicht zum Virenhotspot werden, doch das Berufsverbot ruiniert sie finanziell. Häuser wie das Festspielhaus in Baden-Baden oder die Berliner Philharmoniker müssen einen großen Teil ihrer Einnahmen selbst erwirtschaften. Selbst reiche Institutionen sind bald pleite.
In dieser Situation verursacht es großen Unmut, dass Flugzeuge ohne Platzbeschränkungen wieder fliegen dürfen – weil ihre Klimaanlagen angeblich so gut sind, dass sie keine Eineinhalb-Meter-Klausel benötigen, um die Gäste sicher zu schützen. Die Konsequenz, die Reinhard J. Brembeck daraus ableitet, ist, dass die Künstler*innen ihre Forderungen genauso schamlos vorbringen müssen, wie das bei andere Wirtschaftszweigen in der Krise zu beobachten ist: » Mehr Druck wäre also notwendig und weniger Obrigkeitsduckmäusigkeit.«

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tag Konzerthäuser Berufsverbot Fluggesellschaften Hygieneregeln
Musik Kommentar

Wenn der Atem nach Freiheit dürstet . Endlich wieder im Konzert

by Manuel Brug (20 May 2020)
Original source: Welt

Acht Woche und zwei Tage hat der Feuilletonmitarbeiter der Welt Manuel Brug keine Kulturveranstaltung mehr besucht. Für das erste Livekonzert in Coronazeiten fährt er nach Wiesbaden zu den abgespeckten Maifestspielen, die mit dem Weltklassebass und Coronamaßnahmen-Rebell Günther Groissböck eröffnen. Nach einer sehr kurzfristigen Entscheidung der Landesregierung ist in Hessen der Kulturbetrieb wieder eröffnet. In anderen Bundesländern hat die Branche nach wie vor ein Berufsverbot. Dass nun gerade das Staatstheater Wiesbaden innerhalb weniger Tage wieder für Besucher öffnet, hängt auch damit zusammen, dass Uwe-Eric Laufenberg – Schauspieler, Regisseur und Staatsintendant – die Coronamaßnahmen heftig kritisiert hat und damit teilweise auch seine Kolleg*innen vor den Kopf gestoßen hat.
Allerdings kann auch in Wiesbaden aktuell nicht das Originalprogramm gespielt werden. Zwar sind die vorgesehenen Starsänger weitgehend angereist, aber sie können in diesem Jahr nur mit Klavierbegleitung auftreten, haben auf einen Teil ihrer Gage verzichtet und die Anzahl der Zuschauer musste extrem reduziert werden, um die Hygieneregeln einzuhalten. Die Einhaltung der neuen Regeln muss von Personal und Zuschauern noch geübt werden, aber alle sind getragen vom Wunsch, Musik wieder live zu erleben. Und so wundert es den Kritiker nicht, dass das minimalistische Auditorium am Ende des Abends tobt.
Auch wenn in der Corona-Zeit schmerzlich erfahren wurde, dass Kultur nicht systemrelevant ist und von der Politik lediglich zwischen Glücksspiel und Bordell angesiedelt wird, macht dieser Erlebnisbericht Mut darauf, dass der Kulturbetrieb langsam wieder anlaufen darf.
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tag Klassische Musik Konzert Systemrelevanz Günther Groissböck Hygieneregeln Wiesbaden
Musik Erlebnisbericht

Hygieneregeln . Dem Publikum stehen keine leichten Zeiten bevor

by Jörg Häntzschel (19 May 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Jörg Häntzschel setzt sich in der Süddeutschen Zeitung kritisch mit den Hygieneregeln auseinander, die die Kultusminister der Länder gemeinsam mit der Kulturstaatsministerin Monika Grütters für Theater, Opernhäuser und Konzertsäle erarbeitet haben. Die vielen Eingriffe und Vorgaben für den Betrieb der Häuser führen vor Augen, dass auch die Wiedereröffnung mit schweren finanziellen Einbussen verbunden sein wird, wenn die Abstandregel von 1,50 Meter Distanz umgesetzt werden muss. Darüber hinaus muss nicht nur die Klimatechnik angepasst werden, sondern auch die Gesundheit der Besucher*innen im Blick behalten und der Abstand der Mitarbeiter*innen – sprich der künstlerischen Akteure auf der Bühne und bei Proben – im Blick behalten werden. Nur ein kleiner Lichtblick bleibt hier, dass die Regelungen für ganz Deutschland gelten soll und nicht jedes Bundesland seine eigenen Regeln auf den Weg bringt. Was Häntzschel allerdings mehr umtreibt als die konkreten Hygieneregeln ist die Art und Weise, wie aktuell mit Künstler*innen im politischen Diskurs umgegangen wird. Wird Kunst einerseits zu einer Art »säkularer Universalreligion« verklärt, die »Therapeutikum gegen Einsamkeit, Waffe gegen Populismus und Humus der Demokratie« sein soll, so werden die Künstler*innen selbst nüchtern-fiskalisch als Solo-Selbständige oder Kleinstbetriebe geführt, die zudem hinter Baumärkten und Autohäusern zurückstehen müssen. In den sehr detaillierten Empfehlungen, wie die Häuser die Zeit bis zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs füllen sollen, sieht der Autor eine Form »kultureller Kriegswirtschaft«. Zeigt doch das Papier wenig Vertrauen in die Kreativität der Branche, die von ministerieller Seite nicht nur den Marschbefehl, sondern auch den Weg vorgegeben bekommt.

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tag Theater Kino Oper Hygieneregeln Universalreligion Monika Grütters kulturelle Kriegswirtschaft
Darstellende Kunst Bericht

Tanz auf Distanz . Choreographie und Corona

by Dorion Weickmann (12 May 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Die Bühnen sind geschlossen und so sieht es auch in den Tanzstudios deutscher Opernhäuser deprimierend aus. Wenn aktuell geprobt werden kann, dann nur unter Einhaltung extremer Sicherheitsvorkehrungen. Ein Abstand von 8 Metern, wie er in den Studios des Stuttgarter Balletts aktuell eingehalten wird, ist nicht ungewöhnlich. So proben nur wenige Tänzer*innen gemeinsam. Für Klavierbegleitung und Ballettmeister ist meist kein Platz.
Tänzer*innen benötigen ein Studio, um halbwegs in Form zu bleiben. Anders als bei Schauspieler*innen o der Musiker*innen ist der Körper ihr Arbeitsmittel. Da dieser in Corona-Zeiten zur Gefahrenquelle geworden ist, wird er misstrauisch betrachtet. Doch auch wenn das social distancing als Höchststrafe für Tänzer*innen angesehen werden kann, dann hofft man in den Häusern nach wie vor, im Herbst wieder zum Normalbetrieb zurückkehren zu können. Das Repertoire wird daraufhin geprüft, was im Herbst wieder aufführbar sein könnte. Das Ergebnis dürfte ernüchternd sein: Tanz ohne Nähe ist kaum vorstellbar. Solo-Serien sind aber auf Dauer nicht das, was man zeigen und das Publikum sehen möchte. Dabei hat historisch gesehen die körperliche Berührung im Tanz erst mit dem Aufstieg der Ballerinen und der Vorliebe für Beziehungsdramen Einzug in das Ballett gehalten. Vielleicht liegt im verordneten Abstand auch eine Chance? Der neue Minimalismus könnte dazu führen, das Choreographen und Choreographinnen sich wieder mehr auf die »Tanzkunst als Kunst im Sinn von Handwerk, Ästhetik, Vision, Idee, Haltung« konzentrieren. Wenn es dem Tanz gelingt, sich unter Corona-Bedingungen neu zu Erfinden, dann könnte die Krise tatsächlich eine Chance sein.

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tag Tanz Choreografie Probe Minimalismus Repertoire Krise als Chance Körper
Darstellende Kunst Bericht

Corona-Chronik (8) . Krise als Chance, Theater zu Parkhäusern, Abgase zu Frischluft

by Nicolas Stemann (11 May 2020)
Original source: Neue Züricher Zeitung

In Woche 8 des Shutdown beobachtet der Co-Intendant am Schauspielhaus Zürich Nicolas Stemann, dass die Rückkehr zur Normalität nicht nur das Virus in Vergessenheit geraten lässt, sondern auch die unliebsamen Themen der Vor-Corona-Zeit wie die Klima- oder Flüchtlingskatastrophen scheinen der Vergangenheit angehören. Stattdessen hat sich in der Gesellschaft eine seltsame Stimmung breit gemacht: Man feiert sich als Helden, weil man den Shutdown selbst so gut überstanden hat, ist aber zugleich auch etwas enttäuscht, weil die Katastroph e nun eher die Qualität mittelguter Wellnessferien hatte. Enttäuschung über die angeblich richtig große globale Krisensituation macht sich breit.
Der Alltag nach der Krise ist allerdings für die Theater noch weit entfernt. Aber – so Stemann mit ironischem Unterton – die Krise ist ja auch eine Chance. Die Theater können zu alten Konzepten wie der vielzitierten Thomas-Meinecke-Parole »Theater zu Parkhäusern« zurückkehren. Wenn man im Parkhaus spielt oder die Zuschauer vom Kleinflieger aus auf die Bühne schauen lässt, ergeben ich völlig neue Finanzierungsmodelle – Auto- oder Luftfahrtindustrie ließen sich sicher gewinnbringend als Sponsoren gewinnen. 
Das Schlagwort von der »Krise als Chance« greift er abschließend noch einmal auf und führt dessen Zynismus vor. Diejenigen, die diese Chance nun gekommen sehen, hätten sie im Gegensatz zu den Menschen im Flüchtlingslager auf Moria auf Lesbos, in der Intensivstation in Manaus oder in den Slums von Mumbai auch vor Corona schon ergreifen können.

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tag Theater Autokino Krise als Chance Hygieneregeln
Darstellende Kunst Corona-Chronik

So könnte Theater . Kultur in München

by Egbert Tholl, Reinhard J. Brembeck (08 May 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

In München haben Christian Stückl, der Intendant des städtischen Volkstheaters, und Anton Biebl, Kulturreferent der Stadt München, ein Konzept für ein Theater in Coronazeiten vorgelegt, von dem nicht nur die Münchner Bevölkerung, sondern auch die Bayerische Staatsregierung aus der Zeitung erfahren hat. Das Konzept ist keine Absichtserklärung, sondern enthält konkrete Pläne zum Neustart des Spielbetriebs. Stückl hat an seinem Haus die Spielzeitpause vorverlegt und möchte am 15. Juni wieder mit dem Probenbetrieb s tarten. Die kommende Saison soll dann nicht erst im Herbst, sondern bereits am 24. Juli beginnen. Geplant sind fünf “Corona-taugliche‟ Produktionen. Auch im Haus selbst wird es Umbauten geben. Jede zweite Reihe im Zuschauerraum soll entfernt werden und nur jeder vierte Platz besetzt sein. Um den Verlust an Zuschauerplätzen auszugleichen, wird auch die Bühne bestuhlt. Zwischen den beiden so geschaffenen Tribünen wird gespielt. Grundsätzlich sollen die Aufführungen jeweils rund eine Stunde dauern und ohne Pause gespielt werden. Auf diese Weise werden nicht nur Kontakte unter den Zuschauern vermieden, es könnten auch mehrere Aufführungen hintereinander gespielt werden. Um Szenen mit intensiver Körpernähe zu umgehen, müssten neue Konzepte erarbeitet werden. Stückl verweist hier auf die Darstellung von Kussszenen in Indien, wo ein Hackbrettsignal anzeigt, dass der Zuschauer sich Nähe der Figuren denken müsse. Aber nicht nur auf der Bühne wird an Hygienekonzepten gearbeitet. Die Werkstätten sollen durch ein Minimum an Ausstattung entlastet werden. Zudem denkt Stückl darüber nach, wie auch Gastschauspieler*innen wieder eingebunden werden können.
Ob das Konzept im Alltag den erwarteten Erfolg haben wird, kann auch Stückl selbst nicht versprechen, aber er stellt damit das erste Konzept vor, dass eine Idee von Normalität für den Spielbetrieb ermöglicht. Angesichts der wieder angelaufenen Bundesliga wird der Ruf nach der Öffnung der Spielstätten lauter – auch wenn er nicht so aussehen wird, wie vor dem Lockdown. Stückl und Bibl stellen damit auch die Planungen von Bayerns Kunstminister Bernd Sibler in Frage, der die Theater erst im Herbst wieder öffnen möchte und eine Rückkehr zur Normalität erst gegeben sieht, wenn ein Impfstoff zur Verfügung steht. Eine solch lange Durststrecke werden Theater, Opernhäuser und Orchester nicht überstehen können.

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tag Theater Zuschauer*innen Vorstellungen Hygieneregeln Christian Stückl Anton Biebl München
Darstellende Kunst Bericht

Zeitenwende in der Klassik . Konzertveranstalter in der Coronakrise

by Karsten Witt, Eckhard Roelcke (08 May 2020)
Original source: Deutschlandfunk Kultur

Ein struktureller Wandel steht der Klassik-Szene als Folge der Corona-Krise bevor. Wie dieser aussehen wird und welche Chancen die Krise mit sich bringt, darüber spricht Eckhard Roelcke mit dem Musikmanager Karsten Witt. Dieser befürchtet, dass sich nicht nur das Veranstaltungsmanagement für Konzerte nach der Krise radikal ändern wird, sondern prophezeit zudem, dass sich alle Künstler, Ensembles und Orchester, die nicht subventioniert werden, in Zukunft kaum am Markt behaupten können.
Karsten Witt ist Gründer von Karsten Witt Musik Management. Die Konzertvermittler sind von der Krise besonders getroffen, gilt es nun nicht nur ausgefallene Konzerte zu verwalten und Verträge auf die Möglichkeit der Zahlung von Ausfallhonoraren hin zu prüfen, zugleich müssen unter unklaren Bedingungen die kommenden Konzerte geplant werden. Einen Vorteil der Krise sieht der Kulturmanager in der besseren Vernetzung der Szene. So treffen sich nun einmal wöchentlich die Mitglieder der internationalen Artist Managers' Association (IAMA) zu einer Zoom-Konferenz und tauschen sich über aktuelle Fortschritte und Probleme aus. Die Vorteile der direkteren Kommunikation können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das bisherige Geschäftsmodell – Agenturen und Künstler*innen gehen in Vorleistung und werden nach dem Auftritt bezahlt – gescheitert ist. Neben der Diskussion neuer Vertragsmodelle skizziert er im Interview die Auswirkungen der Krise für sein Business: Er geht von einem grundsätzlichen Wandel der Konzertlandschaft sowohl in Deutschland als auch international aus. Wird in naher Zukunft Kammermusik von kleineren Ensembles gespielt werden, so wird sich die Reduktion der Personen auf der Bühne noch viel drastischer in der Minimierung des Publikums spiegeln, wenn nur jeder 6 Platz besetzt werden darf. Private Veranstalter können unter diesen Bedingungen keine Konzertsäle mehr mieten und somit nicht mehr auf dem Markt agieren, was wiederum Auswirkungen auf die Budgetgestaltung der Häuser hat. Zahlungskräftige Sponsoren werden kaum einspringen, so lange die geladenen Gäste nicht im Anschluss an das Konzert zu einem Empfang geladen werden können. Alle Künstler, Ensembles und Orchester, die nicht subventioniert werden, werden sich daher langfristig kaum behaupten können, denn es wird weniger Geld für weniger Konzerte zur Verfügung stehen.
Die Zukunftsaussichten, die Karsten Witt für die klassische Musik in Deutschland, die meist als Solo-Selbständige agierenden Dirigenten und Musiker und die Konzerthäuser sind erschreckend. Was das Interview eindrücklich zeigt: kurzfristige Lösungen sichern zwar vielen Solo-Selbständigen die Zahlungsfähigkeit, viele Aufträge und Arbeitsplätze werden aber langfristig verloren gehen.
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tag Klassische Musik Ensembles Konzerthäuser Veranstalter Konzertagenturen
Musik Interview

New New Deal . Toward a New Era of Social Imagination

by Hans Ulrich Obrist (05 May 2020)
Original source: artnet news

In diesem Essay erinnert Kurator Hans Ulrich Obrist an Gespräche mit der Fotografin und Filmemacherin Helen Levitt (1913-2009) und reflektiert öffentliche Programme zur Unterstützung von Künstlern in den USA, die wenige Jahre nach der Großen Depression 1929 im Zusammenhang mit Präsident Roosevelts New Deal ins Leben gerufen wurden. Interessanterweise führt er auch ein frühes mexikanisches Programm aus dem Jahr 1926 an, bei dem Künstler von der Regierung für Wandgemälde an öffentlichen Gebäuden bezahlt wurd en. Eine ähnliche Ausrichtung hatte in den USA das Bundesprogramm Public Works of Art Project (PWAP) im Jahr 1934. Das bekannteste Programm in den Vereinigten Staaten war das Federal Art Project (FAP), das 1935 startete, um die bildende und praktische Kunst durch Aufträge zu unterstützen, aber auch um Kunstvermittlungsprogramme zu fördern, aus denen 107 neue Gemeindezentren hervorgingen, in denen Kunst- und Handwerkskurse für jedermann angeboten wurden. Alledings hatten Forderungen, wie sie 1935 von der American Society of Painters Sculptors and Gravers vorgebracht wurden, an lebende Künstler Leihgebühren für ausgestellte Kunstwerke zu entrichten, keinen Erfolg. Obrist fordert nicht nur einen New Deal für die Kunst in Zeiten der Pandemie, sondern verbindet ihn auch konzeptionell mit der ökologischen Frage, die sich auf Jeremy Rifkins Buch "Green New Deal" bezieht.

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tag New Deal Kunstvermittlung Stipendien Auftragsarbeit Ausstellungshonorar Kunst am Bau Ökologie USA
Bildende Kunst/Design Statement

Kultur in der Corona-Krise . Erwacht endlich aus der Schockstarre!

by Marco Frei, Christian Wildhagen (01 May 2020)
Original source: Neue Züricher Zeitung

»Die Stimmung kippt.« Wie ein Warnruf an die Politik klingt der Auftakt des Artikels von Marco Frei und Christian Wildhagen. Sie registrieren Unmut in der Kulturbranche, fragen nach den Ursachen des langen Stillhaltens und ermutigen Musiker*innen und Veranstalter nicht länger der Politik das Zepter zu überlassen. Die Lage ist bekannt: Zahlreiche Kulturschaffende fallen durch das Raster der aufgelegten Hilfsprogramme und müssen Grundsicherung beantragen. Zwar geben getroffene politische Entscheidungen zum Verbot von Großveranstaltungen Pla nungssicherheit, lassen aber auch die Aussichten auf die zweite Jahreshälfte als wenig erfolgversprechend erscheinen, da viele weitere Festivals und Veranstaltungen Ende April abgesagt werden mussten. Hat die Branche die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie bislang klaglos mitgetragen, regt sich nun Widerstand gegen den Kahlschlag. In Deutschland ist dieser schon etwas länger zu beobachten, nachdem die Landesregierungen über Lockerungen für Biergärten und Pediküre nicht aber für die Musikbranche gesprochen haben. In einem Offenen Brief haben Anne-Sophie Mutter, Matthias Goerne, Christian Thielemann und andere Klassik-Größen nun ihren Unmut kundgetan. Dass der Protest erst so spät kommt, führen die Autoren Marco Frei und Christian Wildhagen auf ein »mangelndes Selbstwertgefühl der Künstler« zurück. Diese sind sich weder bewusst, dass sie in der Gesellschaft selbst ihre größte Lobby haben und mit der Kreativbranche als »wirtschaftlich signifikante Grösse« punkten können. Um sich Gehör zu verschaffen, bedarf es aber auch eines »Konzepts für Kultur unter den Bedingungen der Pandemie«. Das, so die Autoren, gibt es bislang nicht. Online-Angebote wie live-Konzerte oder das Streamern von Archivmaterial sind nicht nur in dem Zahl der Zugriffe von der Prominenz der Beteiligten abhängig, sie haben auch rückläufige Zugriffszahlen. Dass dem so ist und dass ein Onlineangebot weder klangtechnisch noch atmosphärisch ein Live-Kulturerlebnis ersetzen kann, ist auch den Veranstaltern bewusst. So haben sich nun vierzig Musikfestivals in Deutschland an die Bundesregierung gewandt, nicht nur mit der Bitte differenzierte Maßnahmen für unterschiedliche Veranstaltungsformen und -größen zu erlassen, sondern zugleich mit der Mahnung der »Gleichbehandlung von Kultur mit Sport, Religionsgemeinschaften und Wirtschaft«. Statt auf die Rechtsunsicherheiten und die fehlende Entscheidungsfreude der Politik mit einer Schockstarre zu reagieren, empfehlen die Autoren sich ein Vorbild an der Fußball-Bundesliga zu nehmen und selbst mit Experten Hygienekonzepte zu entwickeln. Wichtig wäre aber auch hierfür, dass die Akteure gemeinsam agieren und nicht jedes Haus an seinem eigenen Konzept arbeitet. Einzelne Orchester spielen bereits wieder. Am 1. Mai fand das traditionelle Europakonzert der Berliner Philharmoniker in reduzierter Besetzung und ohne Publikum statt. Auch das Musikkollegium Winterthur, die Münchner Philharmoniker und das Tonhalle-Orchester Zürich arbeiten an Hygienekonzepten. Dazu gibt es vor und auf der Bühne vieles zu bedenken – vor allem aber stellt sich die Frage, ob sich eine Veranstaltung unter solchen Bedienungen rechnet. So komplex die Probleme sind, sollten die Kultureinrichtungen sich nun nicht von der Politik das Heft aus der Hand nehmen lassen, sondern im Blick auf andere gesellschaftliche Bereiche die Nischen suchen, in denen Kulturarbeit möglich ist. Wenn Gottesdienste und Fußballspiele wieder möglich sind, warum sollten es Kammerkonzerte nicht sein? Zur Not müsste unter Berufung auf den rechtsstaatlichen Grundsatz der Gleichbehandlung die Öffnung von Kulturveranstaltungen eingefordert werden. Für den Erfolg einer Klage sieht der deutsche FDP-Politiker Wolfgang Kubicki gute Chancen: »Meine Prognose ist: In einigen Wochen wird auch bei den Gerichten der Geduldsfaden reissen. Dann wird es rechtlich nicht mehr möglich sein, bestimmte Veranstaltungen zu verbieten, obwohl sie die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie andere.«

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Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

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Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

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